Das deutsche WM-Zeugnis
Viele Enttäuschungen, wenige Lichtblicke – die Leistungen beim Turnier in Russland waren ausgesprochen trist.
KASAN/DÜSSELDORF Das frühe deutscheWM-Aus ist nicht vom Himmel gefallen, es ist das Resultat der Fehlleistungen der Profis. Unsere Einzelkritik aller eingesetzten Spieler für die gesamte Vorrunde:
Manuel Neuer Über den Kapitän wurde vor der WM wegen seiner langwierigen Verletzung und der daraus resultierenden fehlenden Spielpraxis am meisten diskutiert. Am Ende lag es an ihm noch am wenigsten. Unterm Strich eine ordentliche Vorstellung. Note 3
Joshua Kimmich Die Vorstöße des Münchners über die rechte Seite brachten ebenso zu wenig wie seine Flanken – und das galt für alle Darbietungen in Russland. Mexiko offenbarte zum Auftakt schonungslos, dass der frühere Leipziger vor allem in der Defensivarbeit längst noch nicht so weit ist, wie viele glaubten. Note 5
Jerome Boateng Der Abwehrchef fehlte nach seinem Platzverweis gegen Schweden im Gruppenfinale. Der frühere Bundestrainer lobte ihn dafür, dass er sich für die Mannschaft geopfert habe, doch zu seiner in den vergangenen Jahren gewohnten Form fand auch der gebürtige Berliner nicht. Note 4
Niklas Süle Die Bürde, den Ersatzmann für seinen MünchnerVereinskollegen Boateng zu spielen, war noch zu schwer für ihn. Oft wirkte er zu brav und auch zu unbeweglich. Dennoch wäre es falsch, ihm die Schuld am WM-Desaster zuzuschieben. Note 4
Mats Hummels Als ansonsten so großartiger Kopfballspieler muss er sich vorwerfen lassen, die ganz klare Chance zum möglicherweise entscheidenden 1:0 gegen Korea verschenkt zu haben. Zudem wäre es seine Aufgabe als wortreicher Führungsspieler gewesen, in den kritischen Phasen dieserWM stärker das Ruder herumzureißen. Note 5
Antonio Rüdiger Nach Hummels‘ Verletzung begann der Mann vom FC Chelsea gegen Schweden, hinterließ dabei keinen bleibenden Eindruck. Immerhin aber auch keiner der Hauptschuldigen. Note 4
Jonas Hector Gegen Mexiko noch grippekrank, zeigte der Kölner gegen die Schweden, dass auf ihn Verlass ist. Mit ihm lief es besser auf der linken Abwehrseite, doch es war immer klar, dass darin nicht der Schlüssel für eine nachhaltige Wende zum Besseren liegen konnte. Gegen Südkorea agierte er von Beginn sehr offensiv, ging sogar zentral in die Spitze. Note 4+ Marvin Plattenhardt Der Berliner musste Hector im Auftaktspiel vertreten. Dabei fiel er allerdings im Grunde aus der Wertung, weil er kaum einen Ball von seinen Mitspielern erhielt. Wenn er etwas selbst versuchte, klappte es jedoch nicht. Note 5
Sami Khedira Ein Fehlpass nach wenigen Sekunden weckte gegen die Koreaner böse Erinnerungen an seinen ganz schwachen Auftritt gegen Mexiko. Das Schlimmste an Khediras enttäuschenden WM-Auftritten war sein fehlendes Tempo, das dem Beobachter denVerdacht aufdrängte, dass zumindest auf hohem internationalen Niveau seine Zeit vorbei ist. Note 5-
Toni Kroos Der Mittelfeldmann von Real Madrid lieferte die stärksten Ausschläge auf dem Formbarometer. Gegen Mexiko für sein mangelhaftes Defensivspiel stark kritisiert, rettete er der Mannschaft gegen Schweden mit seinem Freistoßtor den Kopf. Alle Spiele lieferten den Nachweis, in welch ungesundem Maße die DFB-Auswahl von ihm abhängig ist. Fast jeder Angriff läuft über Kroos, doch wenn es bei ihm nicht läuft, geht gar nichts mehr. Bei ihm wie bei Özil muss zudem das nie ausgeschöpfte Talent mitbewertet werden – deshalb: Note 5
Ilkay Gündogan Ebenso wie bei Özil hatte es wegen des unseligen Fotoshootings mit dem türkischen Despoten Erdogan vor dem Turnier große Diskussionen um ihn gegeben. So berechtigt diese aus politischer Sicht waren, so gering war die sport- liche Bedeutung seines Auftritts in Russland. Der hochtalentierte Mittelfeldstar des englischen Meisters Manchester City kickte nur gegen Schweden mit, und das auch noch schwach. Note 5
Sebastian Rudy Der große Pechvogel im Kader: In die Startelf gegen Schweden gerückt, musste er mit einem Nasenbeinbruch frühzeitig ausscheiden. Keine Note
Leon Goretzka Der Schalker rückte gegen Korea überraschend in die
TimoWerner Der Leipziger Stürmer agierte immer dann am stärksten, wenn er über die Flügel angriff. Er fiel wenigstens einige Male positiv durch Tempo und Agilität auf, allerdings ausgerechnet nicht mehr, als es gegen die Südkoreaner darauf angekommen wäre. Note 4
Mario Gomez In allen Partien kam der Wolfsburger als Joker ins Spiel, zeigte dabei unterschiedliches Niveau. Seine Angriffswucht half gegen Schweden, dabei vergab er jedoch wie gegen Südkorea hochkarätige Kopfballchancen. Natürlich fehlten ihm Zuspiele und Flanken, doch eine nachhaltige Empfehlung, ihn häufiger ins Rennen zu schicken, lieferte Gomez auch nicht. Note 5