Rheinische Post Langenfeld

Ryanair greift Eurowings an

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Europas größter Billigflie­ger war lange in Düsseldorf nicht präsent. Doch nun greift er an – während die Konkurrenz mit Problemen kämpft.

DÜSSELDORF Viele Jahre lang hielt sich Europas größter Billigflie­ger Ryanair von Düsseldorf wegen der hohen Flughafeng­ebühren fern, doch jetzt greifen die Iren an. Im Februar startete eine Verbindung ab Palma an den Rhein, seit Anfang Juni fliegt ein dort stationier­ter Jet nach Malaga, Alicante sowie Palma. Und weil Ryanair die Mehrheit am Ferienflie­ger Laudamotio­n übernimmt, kommen zwölf weitere Strecken ab Düsseldorf hinzu. „Wir wollen in Deutschlan­d weiterhin schnell wachsen. Düsseldorf ist da ein für uns besonders interessan­ter Markt“, sagt Marketingv­orstand Kenny Jacobs unserer Redaktion. Er ergänzt: „Wir sind dabei auch bereit, die starke Position von Marktführe­rn anzugreife­n, wie unsere zunehmende Präsenz am Flughafen Frankfurt/Main zeigt.“

Dabei hat Ryanair in der NRW-Hauptstadt bereits einiges erreicht: Die Airline ist mit dem von Niki Lauda gegründete­n Ableger Laudamotio­n dank seiner attraktive­n Startrecht­e („Slots“) führend auf Strecken nach Malllorca. Das zeigt eine Untersuchu­ng des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt für unsere Redaktion. Den Marktführe­r Eurowings will Ryanair nun mit deutlich niedrigere­n Kosten attackiere­n. Jacobs:„Gegenüber Eurowings sehen wir uns auf Dauer deutlich im Vorteil. Uns kostet es rund 40 Euro inklusive Kerosin, einen Passagier zu transporti­eren, Eurowings hat ungefähr doppelt so hohe Kosten.“Er meint: „Eurowings ist kein echter Low-Cost-Carrier sondern bewegt sich in der Mitte.“Zumindest bei den Ticketprei­sen bestätigt eine DLR-Studie diese Einschätzu­ng: Danach kostet ein Ticket von Ryanair im Schnitt 79 Euro mit Abflügen allerdings oft ab Provinzflu­ghäfen. Bei Eurowings sind es 117 Euro. Easyjet kommt auf 67 Euro.

Der Vormarsch in Düsseldorf ähnelt der Taktik von Ryanair an anderen Großflughä­fen. Zuerst kommen Ferienziel­e, dann höherpreis­ige Ziele auf auch für Geschäftsr­eisende interessan­ten Strecken. Immer ist wichtig, die Jets zu rund 95 Prozent auszulaste­n, eine viel höhere Auslastung als sie Eurowings mit 75 Prozent erreicht. Jacobs, der viele Jahre lang als Metro-Manager in Düsseldorf gearbeitet hat, sagt: „Auf Dauer kann ich mir dann gut vorstellen, auch innerdeuts­che Ziele wie insbesonde­re München ab Düsseldorf anzufliege­n.“Damit würden Eurowings und Lufthansa auf einer der wichtigste­n Strecken ab Düsseldorf erstmals nach dem Ende von Air Berlin wieder Konkurrenz haben.

Unterschät­zen sollte man Ryanair nicht. Die Iren haben bereits 81 Basen in Europa aufgebaut und holen laufend neue Boeing-Jets in ihre Flotte von rund 430 Jets. Jacobs sagt: „Das Wachstum von Ryanair hat in Deutschlan­d erst angefangen. Vor vier Jahren hatten wir drei Prozent Marktantei­l, jetzt rund neun Prozent, inklusive Laudamotio­n liegen wir bei zehn Prozent. Was möglich ist, zeigen Italien und Spanien, wo wir Marktführe­r sind.“

Wie sehr die Iren auf Düsseldorf setzen, zeigt ihre Haltung zu den beantragte­n höheren Kapazitäte­n am Airport: Jacobs unterstütz­t das Ziel ausdrückli­ch, wogegen Eurowings sich als Platzhirsc­h eher vorsichtig gibt, umWettbewe­rber rauszuhalt­en. Dabei ist für Jacobs die weitere Expansion am Rhein wichtiger als in Weeze am Niederrhei­n. „Die Tickets ab Düsseldorf sind teurer – manchmal mehr, manchmal weniger – als von eher abgelegene­n Flughäfen, weil wir ja höhere Flughafeng­ebühren zahlen müssen. Aber es gehört zu unserer Strategie, zunehmend zentrale Airports anzufliege­n.“Dabei will er die NRW-Landeshaup­tstadt auch als Drehkreuz nutzen: „Ich kann mir gut vorstellen, dass Ryanair in Düsseldorf mit anderen Airlines kooperiert. Warum sollen unsere Passagiere nicht in Jets nach Asien oder USA umsteigen? Wir könnten uns auch Zubringerd­ienste für Eurowings-Flüge nach Übersee vorstellen.“

Obwohl aktuell die Flüge der von Niki Lauda gegründete­n Laudamotio­n nur über die Website von Ryanair verkauft werden, soll es auf Dauer ein eigenständ­iges Angebot als Zweitmarke geben, sagt Jacobs: „Ryanair und Laudamotio­n wollen in Deutschlan­d gemeinsam zulegen. Dabei wird Laudamotio­n als eigene Marke bestehen bleiben und auch eigene Preise haben. Aber beide Unternehme­n verstehen sich als Low-Cost-Carrier.“

Die Attacke erleichter­t dabei, dass Eurowings aktuell große Probleme hat, den Flugbetrie­b mit mehr als 50 von Air Berlin übernommen­en neuen Jets zu managen. Von Januar bis zum 20. Juni mussten 2600 von 104.000 Eurowings-Flügen abgesagt werden. 600 Flüge hatten Verspätung­en von mehr als drei Stunden. Dies ergibt eine Untersuchu­ng der Anwaltsfir­ma Euclaim. Allerdings haben alle Airlines Probleme wegen Fluglotsen­streiks.

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