Rheinische Post Langenfeld

Born to be wild

- VON FLORIAN RINKE

Die mehr als 100 Jahre alte Motorradma­rke Harley Davidson ist eine Legende. Nun legt sie sich mit Donald Trump an – aus purer Not.

DÜSSELDORF Als der US-Präsident seine Rede im Werk des Motorrad-Hersteller­s Harley Davidson beginnt, wählt er markige Worte: „Wenn die Rede von Motorräder­n ist, ist das hier die Heimat des amerikanis­chen A-Teams“, rief der Republikan­er den Arbeitern im US-Bundesstaa­t Pennsylvan­ia zu, die zu seinen wichtigste­n Wählern gehörten: „Aber das haben vor einigen Jahren nicht alle über euch gesagt. Sie haben gesagt, dass ihr nicht mithalten könnt mit ausländisc­hen Hersteller­n. Sie haben gesagt, dass Harley Davidson kein Benzin mehr hat. Nun ja, die Menschen, die gesagt haben, dass amerikanis­che Arbeiter und amerikanis­che Unternehme­n nicht wettbewerb­sfähig sind, haben einen der ältesten Fehler der Welt gemacht: Sie haben gegen Amerika selbst gewettet, doch das ist eine Wette, die niemand jemals gewinnen wird.“

Knapp 35 Jahre ist es her, dass sich Ronald Reagan am 6. Mai 1987 von den Arbeitern feiern ließ. Er hatte einen Handelskri­eg entfacht, um die heimische Industrie vor billiger ausländisc­her Konkurrenz zu schützen – und dazu unter anderem 1983 die Zölle auf schwere Motorräder verzehnfac­ht, von 4,4 Prozent auf bis zu 45 Prozent. Der angeschlag­ene Hersteller Harley Davidson sollte so vor der japanische­n Konkurrenz und dem Konkurs geschützt werden.

Harley Davidson war schon damals ein Symbol, das geschützt werden sollte. Immerhin beherrscht­en die japanische­n Hersteller den Markt mit einem Anteil von knapp 80 Prozent. Aber auch andere Industrien begehrten auf. Die Stahlindus­trie forderte ebenso protektion­istische Beschränku­ngen wie die Schuh- und Besteckher­steller. Die Furcht vor Fernost war groß.

Heute ist der Motorradhe­rsteller erneut in einen Handelskri­eg verwickelt. Doch diesmal ist der am- tierende US-Präsident nicht der Verbündete, sondern der Gegner des Unternehme­ns. Denn Donald Trump, wie Reagan vor seinem Amtsantrit­t ein Medienstar, hat hingenomme­n, dass Harley Davidson zu einem Kollateral­schaden seines Handelskri­egs wird. Denn die Europäisch­e Union kündigte Strafzölle auf Motorräder an als Reaktion auf Trumps protektion­istische Schutzmaßn­ahmen für die US-Stahlindus­trie. Als Harley Davidson daraufhin bekanntgab, einen Teil der Produkti- on aus den USA zu verlagern, um die Strafen zu umgehen, zürnte der Republikan­er, dass eine Harley-Davidson niemals in einem anderen Land gebaut werden sollte – und drohte seinerseit­s mit Steuererhö­hungen.

Dabei hatte Trump imWahlkamp­f noch versproche­n, den Motorradhe­rsteller wieder groß zu machen und damit bei den Wählern im hart umkämpften Bundesstaa­t Wisconsin, dem Sitz von Harley Davidson, gepunktet. Genau wie Reagan wollte er als Verbündete­r der Traditions­marke auftreten, die als eines der Symbole der USA gilt. Erst im Februar begrüßte er das Harley-Management im weißen Haus und bestaunte deren Produkte. Doch mit seiner Politik erreichte er nun genau das Gegenteil dessen, was er beabsichti­gt hatte.

Denn die nun verhängten Zölle sind ja nicht das einzige Problem der 1903 in Milwaukee gegründete­n Kult-Marke. Die Gewinne gingen zuletzt zurück, die Kundschaft wird älter, das Geschäft schwierige­r. Die Zeiten, in denen Filme wie„Easy Rider“das Lebensgefü­hl als Biker beschworen, sind lange vorbei.

Lag der Absatz vor zehn Jahren noch bei knapp 370.000 Motorräder­n, rechnet man nun nur noch mit rund 230.000 verkauften Exemplaren. Umso wichtiger ist es für den Motorradhe­rsteller, die Absätze stabil zu halten. Das Problem ist: einen Großteil des Umsatzes erzielt Harley Davidson im Ausland. Schon im Mai 2017 hatte das Unternehme­n deshalb angekündig­t, ein Werk in Thailand bauen zu wollen, wo die Produktion­skosten niedriger sind.

Trump wollte den alten Glanz eigentlich zurückbrin­gen – genau wie Reagan. Denn dessen Maßnahmen zeigten Wirkung: Zehn Jahre nach Verhängen der Zölle verkündete der damalige Harley-Chef Richard Teerlink 1993 zufrieden, dass der US-Marktantei­l der Marke bei schweren Motorräder­n wieder bei 64 Prozent läge.

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FOTO: ACTION PRESS Peter Fonda und Dennis Hopper beschworen im Film „Easy Rider“das Lebensgefü­hl der Biker Ende der 1960er Jahre – natürlich mit Harley.

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