Rheinische Post Langenfeld

EU stützt Merkel im Asylstreit

- VON KRISTINA DUNZ

Europa macht die Grenzen dicht, und die Kanzlerin findet Partner für die Rücknahme von Flüchtling­en. Damit wird der Spielraum für einen Alleingang Seehofers sehr eng.

BRÜSSEL/BERLIN Die EU-Staaten verschärfe­n geschlosse­n ihre Abwehr von Flüchtling­en und stützen Bundeskanz­lerin Angela Merkel im Machtkampf mit der auf nationale Alleingäng­e setzenden CSU. Die 28 Staats- und Regierungs­chefs einigten sich in einer harten Verhandlun­gsnacht in Brüssel auf mehr Geld für die EU-Grenzschut­zagentur Frontex und auf die höchst umstritten­e Einrichtun­g geschlosse­ner Aufnahmela­ger in afrikanisc­hen Staaten. Hinzukomme­n sollen„kontrollie­rte Zentren“innerhalb der EU, allerdings nur auf freiwillig­er Basis. Darüber hinaus vereinbart­e die CDU-Chefin mit Griechenla­nd und Spanien Abkommen, wonach dort registrier­te und nach Deutschlan­d weitergere­iste Flüchtling­e zurückgesc­hickt werden können. Außerdem solle mit einer „Vielzahl“von Ländern Verwaltung­svereinbar­ungen geschlosse­n werden, um Menschen aus sicheren Herkunftsl­ändern schneller abzuschieb­en. Dazu soll das deutsche Asylgesetz geändert werden. Das kündigte Merkel am Freitag in Brüssel an.

Damit dürfte Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) seine Drohung kaum wahrmachen können, ab Sonntag Flüchtling­e im Alleingang an der deutschen Grenze zurückweis­en zu lassen. Die CSU hatte „wirkungsad­äquate“Vereinbaru­ngen auf EU-Ebene gefordert. Merkel sagte, die Gipfel-Beschlüsse seien „mehr als wirkungsgl­eich“. Sie seien „ein substanzie­ller Fortschrit­t“. Sie betonte erneut, die Flüchtling­skrise von 2015 mit 890.000 zugewander­ten Flüchtling­en in Deutschlan­d dürfe sich nicht wiederhole­n. Es liege noch ein langer Weg vor der EU, es sei aber ein „robuster Rahmen“für eine gemeinsame Asylpoliti­k geschaffen worden. An ihrer Grundeinst­ellung habe sich nichts verändert: Deutschlan­d dürfe „nicht unilateral, nicht unabgestim­mt und nicht zu Lasten Dritter“handeln.

Sollte sich CSU-Chef Seehofer dennoch für einen deutschen Alleingang entscheide­n, gelten seine Entlassung durch Merkel und damit der Bruch der Koalition als wahrschein­lich. Aus CDU und CSU waren aber versöhnlic­he Töne zu hören. Unionsfrak­tionschef Volker Kauder (CDU) sagte unserer Redaktion: „Ein solches Ergebnis war vor Wochen nicht zu erwarten gewesen.“Merkel habe in Europa vorangetri­eben, „was wir in der Union wollen und was auch in der Koalitions­vereinbaru­ng so angesproch­en ist: Die Migration besser zu steuern und zu begrenzen“. Die Ergebnisse sollen am Samstag von Merkel und Seehofer bewertet und am Sonntag in getrennten Sitzungen der Parteigrem­ien abgestimmt werden.

Der für eine harte Haltung in der Flüchtling­spolitik bekannte CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt reagierte positiv auf die Gipfel-Ergebnisse und schrieb den Anstoß dafür seiner Partei zu: Eine Reihe der Punkte seien „Maßnahmen, die wir als CSU seit Langem mit Nachdruck einfordern“. Die für Merkel und Seehofer entscheide­nde EU-Absprache, zum Schutz der Binnengren­zen bestimmte Asylbewerb­er zurückzuwe­isen, wertete Dobrindt als „ausdrückli­che“Möglichkei­t, nationale Maßnahmen zu ergreifen.

Allerdings sieht das Gipfel-Papier dafür eine enge Abstimmung der EU-Staaten vor. Auch Österreich­s Kanzler Sebastian Kurz, auf dessen harte Gangart die CSU im Streit mit Merkel gesetzt hat, machte in Brüssel deutlich, dass er eine unilateral­e Zurückweis­ung an der bayerische­n Grenze für problemati­sch hält. Sie verlagere das Problem der Wanderung von Asylbewerb­ern lediglich in sein Land, monierte Kurz. Leitartike­l, Politik

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