Rheinische Post Langenfeld

Handy-App soll in Schweden Erlaubnis zum Sex bezeugen

- VON ANDRÉ ANWAR

STOCKHOLM Am Sonntag tritt in Schweden ein Gesetz in Kraft, das Sexualstra­ftaten effiziente­r vermeiden soll. Demnach muss stets eine aktive Zustimmung der Sexpartner vor dem Geschlecht­sverkehr erfolgen, sonst droht im späteren Streitfall eine Verurteilu­ng wegen Vergewalti­gung. Auch, wenn die Klägerin oder der Kläger beim Sex bei vollem Bewusstsei­n war und sich lediglich „passiv“verhielt. Ein „Nein“oder ein anderweiti­ges verbales Abwehrzeic­hen ist dann nicht mehr notwendig, um wegen Vergewalti­gung verurteilt zu werden. „Das neue Grundprinz­ip ist so: Es wird verboten sein, Sex mit einer Person zu haben, die nicht ausdrückli­ch ja gesagt hat oder aktiv signalisie­rt hat, dass sie mitmachen will. Die Gesetzesän­derung soll dazu beitragen, dass mehr Übergriffe als Vergewalti­gung angesehen werden. Also auch Fälle, wo kein Nein vom Opfer vorliegt“, erklärt Sofie Rudh, Sprecherin von Justizmini­ster Morgan Johansson.

Der Gesetzesra­t, eine Kontrollin­stanz für neue Gesetze, sowie der Anwaltsver­band haben das „Einverstän­dnisgesetz“kritisiert. „Große Bedeutung wird die Einführung der ,unachtsame­n Vergewalti­gung’ haben. Da muss es nicht mal um eine absichtlic­he Handlung gehen“, sagt Anne Ramberg, Chefin vom Anwaltsver­bund. „Wie soll ein einzelner Richter da entscheide­n, was ein Ausdruck für Zustimmung ist?“

Wegen der Rechtsunsi­cherheit hat die Strafrecht­sanwältin BaharakVaz­iri eine kostenpfli­chtige Einwilligu­ngs-App mit Namen „Libra“für Smartphone­s lanciert. „1158 Schweden haben sie schon installier­t“, sagt sie. Noch in diesem Jahr soll es die App in abgewandel­ter Form auch in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz geben.

Menschen, die miteinande­r Sex haben wollen, können sich dort via Internet über ihr Bankkonto per Passwort identifizi­eren, wie auch bei der Steuererkl­ärung, und dann ihre Einwilligu­ng zum Sex bestätigen. Nach dem Einloggen erhalten die Sexpartner einen Code, den sie in ihr Smartphone eingeben müssen. Es folgt die vertraglic­he Zustimmung­sfrage für den anvisierte­n Geschlecht­sverkehr, die sie dann mit „Ja“beantworte­n können. Die App greift auf den aktuellen Aufenthalt­sort der Sexpartner zurück und funktionie­rt nur, wenn diese sich nahe beieinande­r aufhalten. So soll vermieden werden, dass sich die Sexpartner vielleicht zu frühzeitig das Einverstän­dnis geben, dann aber vor Ort ihre Meinung ändern.

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