K.o.-Duelle mit Starfaktor
Nicht nur Portugals Cristiano Ronaldo und Argentiniens Lionel Messi wollen bei der WM in Russland endlich den größten Titel gewinnen. Frankreichs Superstar Antoine Griezmann träumt genauso davon wie Luka Modric (Kroatien).
ROSTOW AM DON (dpa) Mit den ersten beiden Achtelfinalspielen beginnt heute die K.o.-Runde bei der Weltmeisterschaft in Russland. Zum Auftakt stehen Cristiano Ronaldo mit Portugal und Lionel Messi mit Argentinien schon brutal unter Druck. Morgen spielen mit Spanien der WM-Sieger von 2010 sowie Geheimfavorit Kroatien.
Argentinien – Frankreich (heute, 16 Uhr) Seit 2006 jagt Messi dem WM-Pokal nun schon vergeblich hinterher. Den Viertelfinal-K.o. im Elfmeterschießen gegen Deutschland musste er damals hilflos von der Bank aus mitverfolgen. Die DFB-Auswahl wurde auch bei den folgen Turnieren zum Albtraum des begnadeten und torhungrigen Technikers. 2010 hieß es im Halbfinale 0:4, 2014 im Endspiel 0:1 nach Verlängerung. Nun, wo der Titelverteidiger schon im Urlaub ist, scheint der Weg endlich frei.
Doch in derVorrunde bot Argentinien nur Rumpelfußball. Nach zwei dürftigen Auftritten deutete Messi per Zaubertor beim 2:1-Sieg im Vorrundenfinale gegen Nigeria immerhin sein Können an. Er ist die Lebensversicherung der Albiceleste, bei der sich alles um den 31 Jährigen dreht. Selbst Trainer Jorge Sampaoli scheint zu Messi ehrfürchtig aufzublicken. Dessen Angst vor dem Versagen ist groß. Gegner Frankreich setzt auf EM-Torschützenkönig Antoine Griezmann. Auf dem Rasen konnte Griezmann in der Vorrunde allerdings noch keine Akzente setzen und wurde in allen drei Spielen ausgewechselt. Dennoch ist der Angreifer von seinen Fähigkeiten überzeugt. „Meine Power steigt. Ich bin sicher, dass ich schnell mein Level erreichen werde, das alle von mir erwarten. Bei der Euro war es ähnlich, da war es ab dem Achtelfinale gut“, kündigte Griezmann vollmundig an.
Portugal – Uruguay (heute, 20 Uhr) Wie Messi war Ronaldo seit 2008 fünfmal Weltfußballer des Jahres. Der „Galaktische“, wie er ob seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten gerne tituliert wird, prägt das Angriffsspiel der Portugiesen maßgeblich. Ronaldo genießt dabei alle Freiheiten. Dass es zur Not auch ohne ihn geht, zeigte sich im EM-Finale 2016. Da humpelte Ronaldo unter Tränen schon nach wenigen Minuten verletzt vom Feld – und trieb seine Kollegen in der Verlängerung, an der Seitenlinie wild gestikulierend, gegen Frankreich zum Titel. Der WM-Triumpf wäre der letzte sportliche Traum, den er sich erfüllen würde, nachdem er mit Real Madrid auf Club-Ebene schon alles gewonnen hat. Gegner Uruguay baut auf die Treffsicherheit von „Beißer“Luis Suárez. Gefürchtet ist der Angreifer vor allem wegen seiner Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor. In Russland hat Suárez bisher für positive Schlagzeilen gesorgt. Anders als 2010, als der impulsive Torjäger mit einem absichtlichen Handspiel auf der Linie im Viertelfinale gegen Ghana zum schwarzen Schaf der Branche avancierte. Nun hält Suárez die Zeit für gekommen, dieses Bild gerade zu rücken: „Wir können Geschichte schreiben.“
Spanien – Russland (morgen, 16 Uhr) WM-Gastgeber Russland sieht Achtelfinal-Gegner Spanien als klaren Favoriten, aber setzt im K.o.-Duell mit den Iberern auf den Teamgeist. „Spanien ist ein Top-Team mit Spie- lern von Real Madrid und dem FC Barcelona – das spricht Bände. Dagegen müssen wir als Einheit auftreten, darin liegt der Schlüssel zum Erfolg“, sagt Stürmer Artjom Dsjuba. Dass Spanien angeblich für ein mögliches Elfmeterschießen trainiere, sei „schmeichelhaft“. „Damit wollen sie uns offenbar ein wenig beruhigen“, sagte der zweifache WM-Torschütze.
Bei aller Stärke sei Spanien aber auch verwundbar. „Wir müssen Geduld haben und auf ihre Fehler warten. Und dann unsere Chancen nutzen“, sagte Dsjuba. „Wir wollen das kleine Wunder schaffen und das ganze Land stolz machen.“Das WM-Achtelfinale bezeichnete er als Höhepunkt für jeden Fußballer. „Nur in der Auseinandersetzung gegen die Besten kann man wachsen. Das Spiel gegen Spanien ist wie der Boxkampf eines jungen und frechen Sportlers gegen einen erfahrenen Meister.“
Kroatien – Dänemark (morgen 20 Uhr) Die Bilder der Helden von 1998 sieht man in diesen Tagen im kroatischen Fernsehen natürlich noch häufiger. Davor Suker, der damalige Superstar, lächelt stolz in die Kamera. Die Bronzemedaille hängt um seinen Hals, daneben stehen Zvonimir Boban, Slaven Bilic, Robert Prosinecki, Zvonimir Soldo und wie sie alle heißen. Fans in den rot-weiß-karierten Trikots liegen sich in den Armen. 20 Jahre sind diese Aufnahmen von der WM in Frankreich alt – aber sie zeigen noch immer den größ- ten Erfolg einer kroatischen Fußball-Nationalmannschaft. Das soll sich nun ändern.
Luka Modric, Ivan Rakitic, Mario Mandzukic und Co. schicken sich bei dieser WM in Russland an, die Helden von einst zu beerben. „Diese Generation“, sagte Ivica Olic, der Co-Trainer der Kroaten,„ist jetzt bereit.“Den ersten Beweis dafür muss das Team im Achtelfinale gegen Dänemark antreten. Kroatien bestreitet sein erstes K.o.-Spiel bei einer WM seit 20 Jahren – und nach der beeindruckenden Vorrunde ist das Team im Duell mit den Skandinaviern um Topstar Christian Eriksen klarer Favorit.
Darauf setzt auch Dänemark. Die Skandinavier fühlen sich wohl in der Rolle des Außenseiters. Das haben sie im Turnierverlauf bewiesen, als sie gegen Frankreich ein 0:0 erkämpften. Ihr Trumpf ist die Defensive mit dem starken Kasper Schmeichel im Tor. Und da wäre ja noch Eriksen, „der beste Spieler, mit dem ich ja zusammengespielt habe“, wie Schmeichel sagt.