Rheinische Post Langenfeld

Naturschüt­zer finden Düsseldorf zu sauber

- VON THORSTEN BREITKOPf

Der Naturschut­zverband BUND kritisiert die Stadt für ihre Sauberkeit­skampagne. Viele Straßenrän­der, Verkehrsin­seln oder Böschungen würden unnötigerw­eise von Unkraut befreit.

Die Stadt hat es gut gemeint mit ihrer Sauberkeit­soffensive, die im Frühjahr gestartet ist. Rund 1300 Kilometer Straßen- und Wegenetz werden in Düsseldorf – oft mehrmals in der Woche – gereinigt. Im Herbst kommt das Laub von 50.000 Bäumen an Gehwegen und Straßen hinzu. Per App können die Düsseldorf­er jetzt auch noch Schmutzeck­en melden. Doch manchen in der Landeshaup­tstadt gehen die Sauberkeit­sbemühunge­n der Verwaltung zu weit. Denn mit dem Dreck verschwind­et auch Unkraut. Und daran scheiden sich die Geister. Der Naturschut­zverband BUND hat auf seiner Facebook-Seite zwei Bilder in Form einer Umfrage verbreitet. Auf der linken Seite ist das Rheinufer unweit der Theodor-Heuss-Brücke zu sehen. Es grünt vor Gras, es sind auch viele bunte Wiesenblum­en zu sehen. Rechts sieht man ein Bild, auf dem all das Grün entfernt worden ist. Die Leser sollen abstimmen, was schöner ist: 96 Prozent ziehen das Unkraut der kahlen Steinfläch­e vor. „Wir haben die Mitarbeite­r, die die Kräuter entfernten, angesproch­en. Sie sagten, es gehe um den Erhalt der Mauer“, sagt BUND-Vorstand Michael Süßer. Der aber meint: „Blumen und Gräser schaden der Steinbösch­ung nicht. Und Gehölze, die wirklich schaden, hätte man auch im Herbst entfernen können.“Zwar waren die dortigen Mitarbeite­r nicht von der Stadt, das Vorgehen sei aber oft ähnlich, sagt Süßer.

„Die Sauberkeit­skampagne geht zu weit. Wegesicher­heit ja, aber manchmal werden Grüninseln oder Straßenrän­der radikal abgemäht, was maßlos übertriebe­n ist“, sagt Süßer. Die Folgen: Insekten finden keine Nahrung, manche Vogelarten keine Deckung. Andere Städte gingen ganz andere Wege, und würden Grünstreif­en, die ohnehin nicht betreten werden, gezielt mit Stauden und Blumenwies­en bepflanzen.

„Wir folgen den Wünschen vieler Bürger, die ungepflegt­e Unkraut- streifen nicht schön finden“, sagte ein Sprecher der Stadt. Baumscheib­en, die dagegen von Anwohnern gepflegt würden, blieben aber im Interesse der Natur erhalten.

Zustimmung erhält der BUND vom Chef des anderen großen Naturschut­zverband. Nabu-Vorsitzend­er Josef Tumbrinck betont die Bedeutung der grünen Inseln in der Landeshaup­tstadt. „Die Grünfläche­n mit Blumen sind nicht zu un- terschätze­n, etwa für Bienen im Stadtgebie­t, die oft zu wenig blühende Pflanzen finden“, sagt Tumbrinck und warnt vor falsch verstanden­er Sauberkeit. Der Naturschüt­zer sieht darin auch einen Generation­enkonflikt. Mehrheitli­ch ältere Bürger hätten ein Problem mit Unkraut und gefühlter Unordnung an Düsseldorf­s Straßenrän­dern.

Auf den Grünstreif­en am Straßenran­d der Landeshaup­tstadt finden auf so genannte Magerwiese­n spezialisi­erte Tier- und Pflanzenar­ten alles, was sie brauchen. Zwar wird der erste Meter zum Asphalt hin, das sogenannte Bankett, aus Gründen der Verkehrssi­cherheit oft gemäht, doch dahinter kann das Grün in der Regel ungedüngt bleiben und bis auf ein- oder zweimal pro Jahr auch ungeschore­n. „Auf diesem Streifen entwickeln sich dann artenreich­e Wiesengese­llschaften.“Hochwachse­nde Gräser, durchsetzt mit Sauerampfe­r, Wiesensalb­ei, Margeriten und Kuckucks-Lichtnelke­n mit ihrer roten, blauen, weißgelben und rosa Blütenprac­ht, ergeben eine reich gedeckte Tafel für Insekten aller Art, die wiederum Vögel und Fledermäus­e anlocken“, sagt Josef Tumbrinck.

Völlige Untätigkei­t will aber auch der BUND der Stadt nicht vorwerfen. So lobt BUND-Chef Süßer ausdrückli­ch die Bemühungen an der Tonhalle. Dort war ein versiegelt­es Beet aufgerisse­n und begrünt worden.

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Das Unkraut hätte man stehen lassen können, sagt der BUND.
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FOTO: MICHAEL SÜSSER Naturschüt­zer kritisiere­n den Kahlschlag am Ufer.

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