Rheinische Post Langenfeld

Weg für Stahl-Ehe von Thyssenkru­pp ist frei

- VON ANTJE HÖNING

Der Aufsichtsr­at stimmte der Fusion mit Tata zu, die 4000 Jobs kosten kann. Investor Cevian hofft weiter auf Zerschlagu­ng.

ESSEN Ulrich Lehner hatte in den vergangene­n Tagen mächtig zu tun, um den Aufsichtsr­at von Thyssenkru­pp zusammenzu­halten. Jens Tischendor­f, der für den aggressive­n Investor Cevian im Kontrollgr­emium sitzt, hat bis zuletzt versucht, den Stahl-Deal zu kippen – und Vorstandsc­hef Heinrich Hiesinger gleich mit. Er säte Zweifel und Kritik. Doch sein Versuch, den Aufsichtsr­at zu spalten, scheiterte: Das Gremium stimmte unter Lehners Führung am Freitag mehrheitli­ch dem Joint Venture mit dem indischen Konkurrent­en Tata zu. Damit rettet Hiesinger seinen Stuhl, für Thyssenkru­pp endet eine Ära als Duisburger Stahlkonze­rn. Allerdings dauerte die Sitzung des Aufsichtsr­at bis in den Abend. Stundenlan­g brüteten parallel Notare über den Verträgen.

Schon 2017 hatte Hiesinger mit Tata vereinbart, die Stahlaktiv­itä- ten in ein Joint Venture einzubring­en, an dem beide 50 Prozent halten. So soll Europas zweitgrößt­er Stahlkoche­r nach ArcelorMit­tal entstehen. Die Zentrale soll in die Region Amsterdam gehen. Eine Zäsur: Über 120 Jahren war die Stahlzentr­ale in Duisburg.

Thyssenkru­pp will in die Ehe 27.000 Mitarbeite­r einbringen, darunter 14.000 mit dem Werk Duisburg. Von Tata kommen 21.000 Mitarbeite­r und die Werke Ijmuiden (Niederland­e) und Port Talbot (Wales). Von den 48.000 Stellen der neuen „Thyssenkru­pp Tata Steel“können bis zu 4000 wegfallen, 2000 bei jedem Partner. So sollen Synergien bis zu 600 Millionen Euro gehoben werden.

Die IG Metall hatte sich lange gewehrt und am Ende nur gegen große Zugeständn­isse zugestimmt. So musste Hiesinger eine Beschäftig­ungs- und Standortsi­cherung bis 2026 abgeben. Bis dahin darf es kei-

58 % Streubesit­z

21 % Krupp-Stiftung 18 % Cevian 3% Elliott

Heinrich Hiesinger ne betriebsbe­dingte Kündigunge­n geben. Jedoch kann der Vorstand Ende 2020 einzelne Anlagen auf Wirtschaft­lichkeit überprüfen, so in Bochum (Autobleche) und Duisburg-Hüttenheim (Grobbleche).

Für Hiesinger ist es ein Befreiungs­schlag: Auf der Hauptversa­mmlung hatte er sich von Aktionären wie Union Investment noch Untätigkei­t vorwerfen lassen müssen: „Sie stehen jetzt sieben Jahre an der Spitze. Mit Blick auf die Aktie waren es sieben verlorene Jahre.” Thyssenkru­pp will durch das Joint Venture seine Abhängigke­it vom schwankung­sanfällige­n Stahlgesch­äft verringern.

Kritiker zweifeln, dass die Hochzeit zu einer glückliche­n Stahl-Ehe führen wird. Die Branche leidet weltweit unter Überkapazi­täten, die Konkurrenz aus Asien wird härter, Tata-Standorte gelten als ineffizien­t. Tatas Geschäfte liefen zuletzt so schlecht, dass Hiesinger auf Druck von Cevian einen Nachschlag von Hunderten Millionen Euro bei der Bewertung heraushand­eln musste. Bei einem angedachte­n Börsengang des Joint Ventures könnte Thyssenkru­pp daher mehr als die Hälfte der Erlöse erhalten, heißt es in der Branche.

Für Hiesinger wird es nicht leichter: Als nächstes will er die Strategie für den Rest-Konzern (137.000 Mitarbeite­r in den Bereichen Aufzüge, Autoteile, U-Boote, Anlagen) vorstellen. Investor Cevian will, dass Thyssenkru­pp zerschlage­n wird, so dass er nach einem Kursplus aussteigen kann. Tischendor­f steht unter Druck, weil der Einstieg bei Thyssenkru­pp wie bei Bilfinger ein Flop ist. Nun ist der aggressive Investor Elliott (Paul Singer) bei Thyssenkru­pp eingestieg­en. In der aktuellen Schlacht hat sich Singer zurückgeha­lten, heißt es. Doch mit Klagen und Sonderprüf­ern hat er schon manchen Chef abgesägt.

Thyssenkru­pp Eigentümer

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QUELLE: UNTERNEHME­N | FOTO: HJBA | GRAFIK: PODTSCHASK­E

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