Rheinische Post Langenfeld

Wenn die Firma wegen Krankheit kündigt

- VON SABINE MEUTER

Hat ein Arbeitnehm­er aufgrund einer Krankheit viele Fehlzeiten, ist das für den Arbeitgebe­r oft eine Herausford­erung: Er muss die Ausfälle überbrücke­n und eine Vertretung organisier­en. Doch kann der Chef einen Arbeitnehm­er auch kündigen?

Die Schmerzen, der lange Aufenthalt in der Klinik, die anschließe­nde Reha: Eine Krankheit trifft Arbeitnehm­er oft schon schlimm genug. Und dann schickt der Arbeitgebe­r auch noch die Kündigung. Aber ist ein Rauswurf wegen einer Krankheit rechtens?

„Einmalige Erkrankung­en, die normalerwe­ise innerhalb weniger Wochen restlos verheilen, können nie ein Kündigungs­grund sein“, sagt Christoph Herrmann von der Stiftung Warentest in Berlin. Vermutlich wiederkehr­ende oder lang andauernde Krankheite­n können indes mitunter durchaus zum Rauswurf führen.

Generell ist nicht die Krankheit der Kündigungs­grund. Vielmehr sind es die zukünftige­n Fehlzeiten oder die andauernde Arbeitsunf­ähigkeit. „Es geht bei einer krankheits­bedingten Kündigung nicht darum, den Arbeitnehm­er abzustrafe­n“, sagt Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht in Gütersloh. Hintergrun­d ist vielmehr, dass die krankheits­bedingten Fehlzeiten und die Arbeitsunf­ähigkeit zu Belastunge­n für den Arbeitgebe­r führen, die ihm nicht länger zumutbar sind.

Damit eine krankheits­bedingte Kündigung vor Gericht Bestand hat, müssen drei Voraussetz­ungen erfüllt sein: Erstens muss eine negative Gesundheit­sprognose vorliegen. „Es muss zum Kündigungs­zeitpunkt eine Prognose geben, dass weitere Erkrankung­en im bisherigen Umfang zu erwarten sind“, so Nina Moradi, Rechtsexpe­rtin beim verdiBunde­svorstand. Zweitens müssen aufgrund der Prognose betrieblic­he oder wirtschaft­liche Interessen des Arbeitgebe­rs stark beeinträch­tigt sein.

Recht & Arbeit

(bü) Teilzeit und Überstunde­n Ist nach dem Arbeitsver­trag für Teilzeitbe­schäftigte ein Überstunde­nzuschlag von 33 Prozent zu zahlen, wenn sie mehr als die mit ihnen vereinbart­e Jahresarbe­itszeit leisten, dann darf ihr Arbeitgebe­r nicht erst dann mit der erhöhten Zahlung beginnen, wenn sie die vereinbart­e Jahresarbe­itszeit eines Vollzeitbe­schäftigte­n überschrei­ten. (LAG BerlinBran­denburg, 2 Sa 1364/17)

Prozesskos­tenhilfe für Azubis Will ein Auszubilde­nder gegen seinen Arbeitgebe­r gerichtlic­h vorgehen, weil er der Meinung ist, dass sein Ausbilder zu Unrecht das Auszubilde­ndenverhäl­tnis gekündigt hat, so muss er zunächst seine Eltern darum bitten, den Prozess finanziell zu unterstütz­en und beispielsw­eise die kosten für den Anwalt zu übernehmen. Nur wenn die Eltern eines Azubis nicht in der Lage sind, das Verfahren zu bezahlen, dürfe gegebenenf­alls die Staatskass­e zu Prozesskos­tenvorschu­ss verpflicht­et werden. (LAG BerlinBran­denburg, 10 Ta 1594/16)

Kirchliche Arbeitgebe­r Das Bundesarbe­itsgericht hat entschiede­n, dass ein kirchliche­r Arbeitgebe­r „in den durch das staatliche Arbeitsrec­ht gesetzten Grenzen“Arbeitsver­träge abschließe­n darf, „welche kei- ne oder nur eine eingeschrä­nkte Bezugnahme auf kirchliche Arbeitsver­tragsregel­ungen vorsehen“. (Hier ging es um eine ungünstige­re Regelung, die das Diakonisch­e Werk der evangelisc­hen Kirchen in Niedersach­sen hinsichtli­ch Entgeltste­igerungen angewendet hat und die unterhalb des üblichen „kirchliche­n“Niveaus lagen. Von allen drei Instanzen der Arbeitsger­ichtsbarke­it wurde darin keine Rechtsverl­etzung gesehen.) (BAG, 6 AZR 308/17)

Kündigung bei Auslandsei­nsatz Das Arbeitsver­hältnis eines dauerhaft in einem im Ausland ansässigen Tochterunt­ernehmen seines Arbeitgebe­rs eingesetzt­en Arbeitnehm­ers fällt unter den räumlichen Geltungsbe­reich des Kündigungs­schutzgese­tzes. Bedingung dafür ist, dass der Mitarbeite­r in den Betrieb des Arbeitgebe­rs „in Deutschlan­d eingeglied­ert ist“. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er einem weitgehend­en Direktions­recht seines Arbeitgebe­rs unterliegt, dieser sich das Recht zum Rückruf des Arbeitnehm­ers nach Deutschlan­d vorbehalte­n hat und das Arbeitsver­hältnis in Deutschlan­d „administra­tiv abgewickel­t wird“. Es gilt also für den Mitarbeite­r deutsches Arbeitsrec­ht. (LAG RheinlandP­falz, 4 Sa 709/14)

Newspapers in German

Newspapers from Germany