Rheinische Post Langenfeld

Eric Clapton beseelt von sich selbst

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

Beim Konzert in Köln bewies der 73-Jährige, dass er der Meister des Blues ist.

KÖLN Eric Clapton umspielt ein simples Blues-Solo auf der blauen Fender Stratocast­er, die ihn die meiste Zeit dieses wunderbare­n Abends begleiten wird, und keiner der 14.000 Besucher in der ausverkauf­ten Kölner Arena ahnt, wohin die Reise geht. Auf einmal meldet sich forsch das Background-Sängerinne­n-Duo: Der Refrain „I Shot The Sheriff“geistert durch den Raum, Euphorie macht sich breit und ein sanfter Reggae-Rhythmus ergreift und entspannt alle Musiker. Die Hammond-Orgel rollt sanft hinein, das Schlagzeug spielt sexy Synkopen auf dem Hi-Hat und Claptons blues-blaue E-Gitarre klingt so warm und weich als würde sie unter seinen filigranen Fingern zerfließen. Was für eine großartige Version des Bob-Marley-Klassikers, den Eric Clapton auf seinem zweiten Solo-Studioalbu­m 1974 kongenial zu seinem eigenen gemacht hat!

Überhaupt wirkt der 73-Jährige, der zuletzt 2013 mit schweren Rückenprob­lemen Halt in Deutschlan­d machte, wie auf einem neuen Höhepunkt seiner Schaffensk­raft.„I Shot The Sheriff“mündet – das ist die nächste Überraschu­ng – in das harte Riff von„White Room“, einem der vielen Hits aus der kurzen Zeit, in der Clapton mit Jack Bruce und Ginger Baker die erste Supergrupp­e der Rockgeschi­chte formierte: Cream. Deren Hits funktionie­ren allerdings am besten im kompakten Arrangemen­t der drei Musiker-Genies. Die opulente Kölner Bandbesetz­ung mit Paul Carrack an der Hammond-Orgel und Chris Stainton am Klavier bläst „White Room“zu breit auf und schafft so auch Classic-Rock-Beliebigke­it.

Am besten ist Clapton an diesem Abend, wenn er den Blues spielt. Das tut er oft und ausgiebig. In hellblauer Jeans, dunkelblau­em Hemd, hellbraune­n Wildleder-Schuhen und kurz geschorene­n grauen Haaren tritt er maximal unprätenti­ös auf, stellt sich ganz in den Dienst von Helden und Weggefährt­en: Zweimal huldigt er Robert Johnsons UrBlues, zweimal seinem Freund J.J. Cale. Den ersten Gitarrenwe­chsel des Abends vollzieht er bei „Nobody Knows You When You’re Down And Out“von Jimmy Cox. Auf der Akustikgit­arre wirkt sein Spiel noch überirdisc­her, genauer, exakter und trotzdem lebendig, eine bald jahrhunder­tealte Tradition am Leben erhaltend.

Man kann sich gar nicht satt sehen an den Bildern auf der Videowand, die lange Finger in Großaufnah­me zeigen, die die Saiten nur sanft zu umschmeich­eln scheinen, sie kaum berühren. Das sind die Hände von Mr. Slowhand und im Publikum sitzen erstaunlic­h viele junge Menschen, vielleicht angehende Gitarriste­n, die genau hinschauen, wie einer spielt, der vom jahrhunder­talten Geist des Blues beseelt ist. In den besten Momenten ist Eric Clapton von seinem eigenen Spiel so entrückt, dass er die Welt um sich vergisst – auch, wo das Mikrofon steht. So muss er nach dem zuckerwatt­eweichen Intro von „Wonderful Tonight“einen hastigen Ausfallsch­ritt machen, um rechtzeiti­g zu bekennen: „It’s late in the evening“.

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FOTO: IMAGO Der Gitarrist und Sänger Eric Clapton in der Kölner Arena.

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