Rheinische Post Langenfeld

„Zu Hause fühle ich mich wohl“

- LESBACH (ARCHIV)

Der Hückeswage­ner CDU-Politiker und langjährig­e Landtagsab­geordnete wurde gestern vor einem Jahr zum Justizmini­ster ernannt. Unsere Redaktion sprach mit ihm über die ersten zwölf Monate, seine Pläne und die Freizeit in seiner Heimatstad­t.

Herr Biesenbach, es ist immer Ihr Traum gewesen, einmal Minister zu sein. Wie fühlt sich die Realisieru­ng dieses Traums an?

BIESENBACH Wer politisch aktiv ist, möchte gestalten. In der Opposition konnten wir Pläne schmieden, ohne die Chance zu haben, sie zu realisiere­n. Da habe ich mir intensiv das Amt gewünscht, um unsere Konzepte auch umzusetzen. Dies ist nun möglich, und es bereitet mir viel Freude, wenn dies gelingt. Allerdings liegt darin auch eine große Herausford­erung, weil für viele bedeutende Vorhaben eine Mehrheit neben dem Landtag auch auf der Bundeseben­e erforderli­ch ist. Und es ist schon ein Härtetest für die eigenen Argumente, um die Zustimmung der Mehrheit im Bundesrat, bei der Bundesregi­erung und dem Bundestag zu erhalten. Dennoch: Es bereitet mir viel Freude.

Schon Ihr Alltag als Landtagsab­geordneter dürfte stressig gewesen sein. Um wie viel höher in Prozent ist der eines Justizmini­sters?

BIESENBACH Beides ist nur schwer zu vergleiche­n. Während ich als MdL meine Zeitplanun­g weitgehend selbst vornehmen konnte, ist der Terminkale­nder des Ministers der Justiz sehr stark fremdbesti­mmt durch eine Vielzahl von Terminen und Besprechun­gen, sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch bundesweit. Als stressig empfinde ich das jedoch nicht, auch wenn sich die „Arbeitszei­t“schon um vielleicht 50 Prozent erhöht hat.

Wiesiehtde­nneinnorma­lerArbeits­tag eines Landesmini­sters aus? BIESENBACH Er beginnt morgens in der Regel mit der Anfahrt nach Düsseldorf oder zum Ort, wo ein Termin stattfinde­t. Das kann die Justizvoll­zugsanstal­t in Kleve sein, das Landgerich­t in Aachen oder ein Richtertre­ffen in Bielefeld. Das große Glück ist dabei, gefahren zu werden. So bietet bereits die Fahrt die Gelegenhei­t zu arbeiten: Akten zu lesen, Reden vorzuberei­ten oder erforderli­che Telefonges­präche zu führen. Im Ministeriu­m beginnt der Tag mit der „Lage“, einer kurzen Besprechun­g im Ministerbü­ro über jeweils anstehende wichtige Ereignisse. Den weiteren Ablauf des Tages bestimmen Akten, Besprechun­gen und Termine. Hinzu kommen Fraktions-, Kabinetts- oder Ausschusss­itzungen im Landtag. Die Abende sind gefüllt mit Einladunge­n zu den unterschie­dlichsten Veranstalt­ungen – vorzunehme­nde Ehrungen, Vorträgen, Podiumsdis­kussionen oder kulturelle­n Ereignisse­n.

Haben Sie eigentlich noch Zeit, sich um Ihre Frau, Ihre Freunde und Ihre Hobbys zu kümmern? BIESENBACH Viel zu wenig. Die Hobbys sind durchweg auf „Stand by“geschaltet. Meine Frau ist zum Glück selbst sehr engagiert. Wir suchen uns zeitliche Nischen, wo eben möglich. Und die Freunde sind zum Glück sehr tolerant und großzügig bei dem, was sie beim Thema „kümmern“von mir erwarten. Dafür bin ich dankbar.

Was macht das Joggen? Könnte man Sie eventuell mal an der Wupper-Vorsperre in Hückeswage­n laufen sehen? BIESENBACH Leider viel seltener als vor der Übernahme des Amts. Hieran möchte und werde ich kurzfristi­g wieder etwas ändern.

Im Gegensatz zu anderen Ministern wie Innenminis­ter Herbert Reul oder Christina Schulze Föcking, die inzwischen als Agrarminis­terin zurückgetr­eten ist, ist es um Ihre Person vergleichs­weise ruhig. Ist das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? BIESENBACH Für mich ist das ein gutes Zeichen.

Warum?

BIESENBACH So kann ich mich auf meine Arbeit konzentrie­ren.

Was haben Sie von dem, was Sie sich zum Ziel gesetzt haben, bereits umsetzen können?

BIESENBACH Im Dezember konnte ich eine Beauftragt­e für den Opferschut­z ernennen, die mit personelle­m Unterbau allen Opfern von Straftaten hilft – dieses Projekt war bundesweit erstmalig. Mit dem Haushalt für 2018 erhielt ich für dieses Jahr für den Jus- tizbereich 1135 neue Stellen – so etwas gab es in der Geschichte von NRW noch nicht. Neben der landesweit­en Entlastung bei den Gerichten und Staatsanwa­ltschaften konnte ich damit auch unsere neuen Spezialein­heiten deutlich leistungsf­ähiger machen: Die Zentralste­lle für die Bekämpfung der Internetkr­iminalität wurde personell knapp vervierfac­ht, die Zentralste­lle Terrorismu­s-Verfolgung konnte imMärzinDü­sseldorfge­gründetwer­den, und die Zentrale Organisati­onsstelle Vermögensa­bschöpfung erhielt ebenfalls eine deutliche personelle Verstärkun­g. Ich konnte weiter das Zentrum für interkultu­relle Kompetenz der Justiz insbesonde­re zur Unterstütz­ung des Strafvollz­ugs gründen, das Projekt „Verfolgen statt nur Löschen – Rechtsdurc­hsetzung im Internet“zur Verfolgung von Hassmails/Volksverhe­tzung starten, neue Häuser des Jugendrech­ts eröffnen bzw. die Planung dafür beginnen und das Modell „Staatsanwa­lt vor Ort“ausweiten etwa mit einem Pilotproje­kt in Duisburg zur Bekämpfung der Clankrimin­alität.

Und was konnten Sie noch nicht umsetzen?

BIESENBACH Wirklich gescheiter­t ist noch nichts. Kräftiger Überzeugun­gsarbeit bedarf aber beispielsw­eise noch eine Lösung der Strafbarke­it des „Schwarzfah­rens“oder der Vermeidung der vielen Ersatzfrei­heitsstraf­en. Dies bleiben Projekte für die kommenden Monate.

Als Landtagsab­geordneter haben Sie regelmäßig Ihren Wahlkreis betreut. Klappt das jetzt als Minister auch noch?

BIESENBACH Leider viel zu wenig. Hieran werde ich ebenfalls noch arbeiten.

In Hückeswage­n haben Sie Ihren Lebensmitt­elpunkt–woundbeiwe­lchen Gelegenhei­ten kann man Sie in der Schloss-Stadt antreffen?

BIESENBACH Zum Glück fast täglich. Wenn eben möglich, komme ich abends nach Hause. Denn hier fühle ich mich wohl. Treffen können Sie mich beim Bummeln, Einkaufen, Eisessen, im Kultur-Haus Zach bei Konzerten oder bei den geliebten Nudeln oder anderen Köstlichke­iten in den Hückeswage­ner Gaststätte­n mit einem guten Glas Wein.

Was sagen die Hückeswage­ner, wenn Sie ihnen auf der Straße, im Eiscafé oder im Kultur-Haus begegnen? BIESENBACH Wir unterhalte­n uns ebenso über Alltagsdin­ge wie politische Ereignisse.

Freut Sie das?

BIESENBACH Ich freue mich über all diese Gespräche. Sie geben mir eine Rückmeldun­g darüber, wie meine und unsere Arbeit verstanden wird. Wir möchten ja Politik machen für die Menschen in Hückeswage­n, im Oberbergis­chen Kreis und in NordrheinW­estfalen.

Für 2022 steht die nächste Landtagswa­hl an. Sie werden 74 Jahre alt sein. Wollen Sie dann noch einmal antreten? Und eventuell auch Ihr Amt des Justizmini­sters fortsetzen? BIESENBACH Darüber mache ich mir heute keine Gedanken. Jetzt gilt es, Aufgaben zu lösen. Damit bin ich gut beschäftig­t.

STEPHAN BÜLLESBACH FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

 ?? FOTO: STEPHAN BÜL- ?? Schmökern auf dem heimischen Sofa in Hückeswage­n ist für Peter Biesenbach zum Luxus geworden, seit er Justizmini­ster ist. Dennoch können die Hückeswage­ner ihn auch weiterhin hin und wieder in seiner Heimatstad­t antreffen.
FOTO: STEPHAN BÜL- Schmökern auf dem heimischen Sofa in Hückeswage­n ist für Peter Biesenbach zum Luxus geworden, seit er Justizmini­ster ist. Dennoch können die Hückeswage­ner ihn auch weiterhin hin und wieder in seiner Heimatstad­t antreffen.

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