Rheinische Post Langenfeld

Seehofer hofft auf Flüchtling­sabkommen

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Der Innenminis­ter schließt Alleingäng­e aber weiter nicht aus. Grünenpoli­tiker Jürgen Trittin: „Man kann sich nur schämen.“

INNSBRUCK (dpa/kd) Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) hat neue Abkommen mit anderen EU-Staaten zur beschleuni­gten Rücknahme von Flüchtling­en in Aussicht gestellt. „Ich habe hier sehr viel Zuspruch bekommen, dass auch andere Länder dabei sein wollen“, sagte er am Donnerstag beim Treffen der EU-Innenminis­ter in Innsbruck. Zusagen gebe es aktuell aber nur von elf Staaten und nicht mehr von 14, wie Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem EU-Gipfel Ende Juni erklärt hatte. Während des Ministertr­effens habe er auch mit der Schweiz über ein mögliches Abkommen geredet. Nun werde den fraglichen Staaten„eine Art Rahmen-Vereinbaru­ng“zugeschick­t.

Bis spätestens Anfang August strebt Seehofer solche Abkommen auch mit Österreich, Griechenla­nd und Italien an. Er habe „ein Stück Optimismus, dass es uns gelingen kann, die Binnenmigr­ation gemeinsam zu lösen“. Italien und Österreich waren nicht unter den 14 Ländern, von denen Merkel Ende Juni Zusagen zur beschleuni­gten Rückführun­g von Asylbewerb­ern erhalten hatte.

Die Abkommen mit EU-Staaten zur Rücknahme bereits registrier­ter Flüchtling­e sind zentraler Bestandtei­l der Einigung im wochenlang­en Asylstreit der schwarz-roten Koalition. Falls sie nicht zustande kommen, stellte Seehofer erneut nationale Alleingäng­e in Aussicht. „Je weniger europäisch gelingt, desto mehr muss man dann national Vorkehrung­en treffen.“Merkel lehnt Alleingäng­e Deutschlan­ds jedoch vehement ab.

Seehofer betonte am Donnerstag mehrfach, innerhalb der kommenden Monate müsse Fortschrit­t erzielt und die Migration in die EU deutlich reduziert werden. Seine CSU hatte Merkel im Asylstreit heftig unter Druck gesetzt. Als Hintergrun­d dieser Forderung galt auch die bevorstehe­nde Landtagswa­hl in Bayern im Oktober.

Am Rande des EU-Ministertr­effens kam Seehofer auch zu Gesprächen mit seinen Kollegen aus Österreich und Italien, Herbert Kickl und Matteo Salvini, zusammen. Beide gelten als Hardliner in der Migrations­politik. Salvini verweigert Schiffen privater Hilfsorgan­isationen, die im Mittelmeer Flüchtling­e retten, das Einlaufen in italienisc­he Häfen. Kickl forderte zuletzt sogar, innerhalb der EU sollten gar keine Asylanträg­e mehr gestellt werden können. Zusammen inszeniert­e Seehofer mit ihnen einen Schultersc­hluss, sprach von freundscha­ftlichem Verhältnis und posierte mit ihnen für die Fotografen. Der deutsche Innenminis­ter sprach sogar von einem „Gemeinscha­ftsgeist“unter den EU-Kollegen.

Der grüne Außenpolit­iker Jürgen Trittin kritisiert­e Seehofer scharf. „Man kann sich für einen deutschen Innenminis­ter nur schämen, der ständig mit Alleingäng­en droht und der EU damit die nationale Pistole an den Kopf hält. Seehofer scheint aus der Erpressung ein Politikmod­ell zu machen“, sagte Trittin unserer Redaktion. Dass „rechte Nationalis­ten aus Österreich und Italien“seine Verbündete­n seien, sei „verheerend für Europa“. Sie trieben Europa in eine Abschottun­gspolitik. „Zugunsten dieses inhumanen nationalis­tischen Diskurses treten sie die gemeinsame­nWerte undVerpfli­chtungen Europas mit Füßen“, sagte Trittin. Die Freizügigk­eit und die Genfer Flüchtling­skonventio­nen würden zugunsten nationalis­tischer Stimmungsm­ache geopfert. „Das wäre der Abschied von der Herrschaft des Rechts“, sagte er.

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