Rheinische Post Langenfeld

„Mein Ziel ist die Rückkehr in die Formel 1“

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Pascal Wehrlein, schauen Sie eigentlich noch Formel 1?

WEHRLEIN Klar, ich verfolge das Geschehen dort weiterhin. Mich interessie­rt die Formel 1 einfach. Außerdem bin ich noch Ersatzfahr­er von Mercedes.

Sie waren vergangene Saison noch mit am Start. Wie hart ist es, nun zuzusehen?

WEHRLEIN Das ist natürlich nicht das schönste Gefühl. Es fällt mir immer noch schwer, zu Hause zu sitzen und die Rennen als Zuschauer zu verfolgen.

Wie bitter ist es, dass Ihr Aus nicht an der Leistung, sondern vor allem am Motor lag?

WEHRLEIN Klar ist es enttäusche­nd, dass es nicht nach der Leistung geht – vor allem im Sport. Aber ich denke, dass ich enttäuscht­er wäre, wenn es an meiner gezeigten Leistung gelegen hätte. Wenn mein Teamkolleg­e die Punkte geholt hätte und ich hätte akzeptiere­n müssen, dass ich nicht gut genug war. Das war aber nicht der Fall.

Nun fahren Sie wieder in der DTM. Dort haben Sie 2015 den Titel geholt. Wie schwer ist es, sich wieder zu einem Tourenwage­n-Fahrer zurückzuen­twickeln?

WEHRLEIN Man gewöhnt sich schnell daran. Es ist ziemlich leicht, an ein gewisses Limit zu gelangen. Aber die letzten Zehntel, die in der DTM entscheide­nd sind – da spielt es keine Rolle mehr, ob man sich an die neue Serie gewöhnt hat oder nicht. Da spielen viele Faktoren zusammen. Welche?

WEHRLEIN Zum Beispiel, ob ich die richtige Entscheidu­ng treffe. Oder ob ich noch die Streckenpr­ofile im Kopf habe. Oder ob das Rennwochen­ende nach Plan läuft. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich mich noch an die DTM gewöhnen muss. Aber ich kann nicht auf die Erfahrung des vergangene­n Jahres zurückgrei­fen.

Wo liegt der größte Unterschie­d zwischen den beiden Rennserien? WEHRLEIN Das kann man sehr schwer miteinande­r vergleiche­n. In der DTM haben wir drei Hersteller und pro Hersteller sechs Fahrer. Und im Gegensatz zur Formel 1 hat jeder Fahrer die Chance, ein Rennen zu gewinnen. Macht es das als Fahrer reizvoll? WEHRLEIN Auf jeden Fall. Für die Fahrer, die in der Formel 1 in den drei Topteams sitzen, ist es natürlich schön. Aber der Rest kämpft im besten Fall um Platz 7. Man kann an einem Wochenende von allen Fahrern die beste Leistung abgeliefer­t, aber trotzdem nicht das verdiente Ergebnis dafür bekommen haben. Es ist schade, dass dort keine Chancengle­ichheit herrscht. Das ist in der DTM der Fall.

Sowohl in der Formel 1 als auch in der DTM kann die Stallorder nicht unterbunde­n werden. Behindert das einen fairen Wettbewerb? WEHRLEIN In der DTM ist das ganz normal. Wenn man Teamkolleg­en hat, die in einer besseren Position sind, wird das ab einem bestimmten Zeitpunkt so entschiede­n. Als ich 2015 Meister wurde, hat mir das auch geholfen.

Finden Sie das gut?

WEHRLEIN DTM ist nun mal auch ein Teamsport, von daher wird es so etwas wie Teamorder gegen Ende einer anderen Saison auch geben. Aber das ist normal.

Warum sind Sie eigentlich in die DTM zurückgeke­hrt? Mercedes steigt doch nach dieser Saison definitiv aus.

WEHRLEIN Warum hätte ich mir ein Jahr Pause antun sollen? Für mich kam das einfach nicht infrage. Ich

wusste seit Januar, dass ich in der Formel 1 kein Cockpit erhalten würde. Zu diesem Zeitpunkt war es schon zu spät, um sich nach anderen Serien umzuschaue­n. Sie hätten aber auch nach Japan gehen können.

WEHRLEIN Das stimmt. Und ich wäre sehr gern dort gefahren. Einfach, um im Formel-Sport zu bleiben und weiterhin Erfahrunge­n sammeln zu können. Das hat schlussend­lich aber leider nicht geklappt. Aber ich bin erst 23, ich wollte irgendwo Rennen fahren. Natürlich ist es sehr schade, dass Mercedes aussteigt. Mercedes hat in der DTM Geschichte geschriebe­n, ich bin selbst ein kleiner Teil davon. Aber es entsteht auch immer etwas Neues. Ob als Hersteller oder als Fahrer.

Vor dem Rennen in Zandvoort (Samstag, 13.30 Uhr) erklärt der DTM-Fahrer, wie er sein Aus in der Motorsport­Königsklas­se sieht.

Sie sprechen es an. Mercedes verlässt die DTM für die Formel E, vor allem zwecks Marketing. Macht es da nicht Sinn, einen jungen deutschen Fahrer wie Sie als Gesicht von Mercedes zu präsentier­en? WEHRLEIN Der Gedanke ehrt mich, aber ich weiß noch nicht, wie meine Zukunft aussehen wird. Ich schaue mir gerade mehrere Möglichkei­ten an. Eine davon ist auch die Formel E.

Würde es Sie reizen, wenn Mercedes mit diesem Gedanken auf Sie zukommen würde?

WEHRLEIN Um das beurteilen zu können, müsste ich das Auto gefahren haben. Mein Ziel bleibt aber ein anderes.

Nämlich?

WEHRLEIN Das ist nach wie vor, in die Formel 1 zurückzuke­hren. Das ist der Traum eines jeden Rennfahrer­s. Aber auch die Indy-Car-Serie in den USA oder dieV8-Supercars-Meistersch­aft in Australien sind interessan­t.

Oder Sie bleiben der DTM erhalten. Dafür müssten Sie allerdings den Hersteller wechseln.

WEHRLEIN Auch das muss man sehen. Ich bin da momentan sehr offen für Neues. Am Ende muss man dann sehen, was die beste Option ist und dann entscheide­n.

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FOTO: IMAGO Der deutsche Fahrer Pascal Wehrlein (Mitte) steht in der Boxengasse bei einem Rennen in Hockenheim.

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