Geschichtsverein erinnert an Kriegsende
Eine neue Ausstellung der Opladener und ihrer Kollegen aus Jülich und der Leverkusener Partnerstädte zeigt ab September in der Villa Römer das Ende des Ersten Weltkriegs aus unterschiedlicher Sicht.
OPLADENVor 100 Jahren, am 11. November 1918, wurde nach vier Jahren der Vernichtung in Europa, der ErsteWeltkrieg beendet. Die Auswirkungen dauerten noch viele Jahre an, und jeder hat diese Zeit anders in Erinnerung und geht anders damit um. „Aus deutscher Sicht haben wir beispielsweise viele Informationen über den Stellungskrieg an derWestfront“, sagt Michael Gutbier, Vorsitzender des Opladener Geschichtsvereins (OGV).„Was an der Ostfront passierte, wussten wir nicht.“
Um das Gesamtbild zu konstruieren, hat sich der OGV auf die Suche nach Puzzlesteinen gemacht und sich dafür nicht nur Unterstützung vom befreundeten Geschichtsverein aus Jülich geholt, sondern auch von Leverkusens Partnerstädten in Ostdeutschland (Schwedt), Frankreich (Villeneuve d’Ascq und Haubordin), Großbritannien (Bracknell), Polen (Ratibor) und Slowenien (Ljubljana). Entstanden ist die Ausstellung mit dem Titel„Kriegsenden in europäischen Heimaten.“
„Im Grunde erzählt diese Ausstellung drei Geschichten“, sagt Wolfgang Hasberg, Professor im Historischen Institut der Universität Köln, der mit einigen Studenten aus Köln und Wuppertal an der Archivarbeit beteiligt war. „Die erste Geschichte ist die Kerngeschichte.“Darin beleuchtet werden Themenschwerpunkte wie Funktion und Stellung der Verwaltung, der Frauen, von Schule und den Kindern in den jeweiligen Städten.
„Die zweite Geschichte ist die Frage, wie der Krieg in den verschiede- nen Regionen zu Ende geht – wie die Wirtschaft von Krieg auf Frieden umstellt, abhängig davon, ob das Gebiet Besatzungszone ist oder nicht – und die letzte, wie an Krieg erinnert wird.“Nicht jedes Land ginge gleich mit einem Ereignis um.„Es ist eine sehr anspruchsvolle Ausstellung geworden“, schwärmt Hasberg. Dass jede Region das Kriegsende anders erlebte und demnach andere Erinnerungen bewahrt, schlägt sich auch in der Art nieder, wie dort an den Krieg erinnert wird. „In Jülich war der Krieg auch lange nach 1918 spürbar“, sagt Guido von Büren, Vorsitzender des Jülicher Ge- schichtsvereins. Seine Heimatstadt war etwa noch bis 1929 – Leverkusen bis 1925 – französisches und englisches Besatzungsgebiet. Die Partner aus Frankreich und Großbritannien hätten über die Zeit als Besatzer kaum Erinnerungen. „Anders ist es in Villeneuve d’Ascq“, sagt Gutbier. „Dort ist die deutsche Besatzungszeit während des ZweitenWeltkriegs viel präsenter.“
Der Perspektivwechsel tut den Historikern gut, die durch diese europäische Zusammenarbeit neue Erkenntnisse gewinnen. „Es gibt große Unterschiede in derWahrnehmung. In Frankreich und Großbri- tannien hat der Erste Weltkrieg einen viel höheren Stellenwert als in Deutschland, wo der Zweite Weltkrieg viel prägender war“, sagt von Büren.
Zur Ausstellung, die am 8. September in der Villa Römer eröffnet wird und bis zum 10. Februar 2019 besucht werden kann, wird eine Publikation erscheinen. Darin geht es um die einzelnen Städte. Leverkusen war die „industrielle Heimat“des Krieges. Hier wurden Waffen und Ausrüstung hergestellt. Jülich dagegen, sagt von Büren, sei eine Garnisonsstadt gewesen, wo die Militärs ihre Truppen und Einheiten stationierten. Das Kapitel über die Stadt Ratibor, die nach dem Schlesischen Krieg an Preußen ging, nach dem ErstenWeltkrieg zu Oberschlesien gehörte und nach dem Zweiten polnisch wurde, trägt als Überschrift „Eine Heimat zwischen den Fronten.“
Die Zusammenarbeit zwischen Leverkusen und seinen Partnern habe wunderbar funktioniert und sei in diesem Umfang nahezu einmalig, berichtet Gutbier, der sich über eine Förderung freuen kann. Von der NRW-Stiftung, seinem größten Sponsor, erhält der Opladener Geschichtsverein 26.000 Euro. Insgesamt wird die Ausstellung mit rund 60.000 Euro bezuschusst.
Gespickt ist die Schau mit Fotos, Dokumenten und Erinnerungsstücken, die zum Teil aus der Bevölkerung stammen: Militärpässe und Lebensmittelkarten werden unter anderem gezeigt. Wer alte Dokumente, Fotos, Briefe, Gegenstände hat und zurVerfügung stellen möchte, kann sich beim Geschichtsverein melden.