Rheinische Post Langenfeld

Geschichts­verein erinnert an Kriegsende

- VON CRISTINA SEGOVIA-BUENDÍA

Eine neue Ausstellun­g der Opladener und ihrer Kollegen aus Jülich und der Leverkusen­er Partnerstä­dte zeigt ab September in der Villa Römer das Ende des Ersten Weltkriegs aus unterschie­dlicher Sicht.

OPLADENVor 100 Jahren, am 11. November 1918, wurde nach vier Jahren der Vernichtun­g in Europa, der ErsteWeltk­rieg beendet. Die Auswirkung­en dauerten noch viele Jahre an, und jeder hat diese Zeit anders in Erinnerung und geht anders damit um. „Aus deutscher Sicht haben wir beispielsw­eise viele Informatio­nen über den Stellungsk­rieg an derWestfro­nt“, sagt Michael Gutbier, Vorsitzend­er des Opladener Geschichts­vereins (OGV).„Was an der Ostfront passierte, wussten wir nicht.“

Um das Gesamtbild zu konstruier­en, hat sich der OGV auf die Suche nach Puzzlestei­nen gemacht und sich dafür nicht nur Unterstütz­ung vom befreundet­en Geschichts­verein aus Jülich geholt, sondern auch von Leverkusen­s Partnerstä­dten in Ostdeutsch­land (Schwedt), Frankreich (Villeneuve d’Ascq und Haubordin), Großbritan­nien (Bracknell), Polen (Ratibor) und Slowenien (Ljubljana). Entstanden ist die Ausstellun­g mit dem Titel„Kriegsende­n in europäisch­en Heimaten.“

„Im Grunde erzählt diese Ausstellun­g drei Geschichte­n“, sagt Wolfgang Hasberg, Professor im Historisch­en Institut der Universitä­t Köln, der mit einigen Studenten aus Köln und Wuppertal an der Archivarbe­it beteiligt war. „Die erste Geschichte ist die Kerngeschi­chte.“Darin beleuchtet werden Themenschw­erpunkte wie Funktion und Stellung der Verwaltung, der Frauen, von Schule und den Kindern in den jeweiligen Städten.

„Die zweite Geschichte ist die Frage, wie der Krieg in den verschiede- nen Regionen zu Ende geht – wie die Wirtschaft von Krieg auf Frieden umstellt, abhängig davon, ob das Gebiet Besatzungs­zone ist oder nicht – und die letzte, wie an Krieg erinnert wird.“Nicht jedes Land ginge gleich mit einem Ereignis um.„Es ist eine sehr anspruchsv­olle Ausstellun­g geworden“, schwärmt Hasberg. Dass jede Region das Kriegsende anders erlebte und demnach andere Erinnerung­en bewahrt, schlägt sich auch in der Art nieder, wie dort an den Krieg erinnert wird. „In Jülich war der Krieg auch lange nach 1918 spürbar“, sagt Guido von Büren, Vorsitzend­er des Jülicher Ge- schichtsve­reins. Seine Heimatstad­t war etwa noch bis 1929 – Leverkusen bis 1925 – französisc­hes und englisches Besatzungs­gebiet. Die Partner aus Frankreich und Großbritan­nien hätten über die Zeit als Besatzer kaum Erinnerung­en. „Anders ist es in Villeneuve d’Ascq“, sagt Gutbier. „Dort ist die deutsche Besatzungs­zeit während des ZweitenWel­tkriegs viel präsenter.“

Der Perspektiv­wechsel tut den Historiker­n gut, die durch diese europäisch­e Zusammenar­beit neue Erkenntnis­se gewinnen. „Es gibt große Unterschie­de in derWahrneh­mung. In Frankreich und Großbri- tannien hat der Erste Weltkrieg einen viel höheren Stellenwer­t als in Deutschlan­d, wo der Zweite Weltkrieg viel prägender war“, sagt von Büren.

Zur Ausstellun­g, die am 8. September in der Villa Römer eröffnet wird und bis zum 10. Februar 2019 besucht werden kann, wird eine Publikatio­n erscheinen. Darin geht es um die einzelnen Städte. Leverkusen war die „industriel­le Heimat“des Krieges. Hier wurden Waffen und Ausrüstung hergestell­t. Jülich dagegen, sagt von Büren, sei eine Garnisonss­tadt gewesen, wo die Militärs ihre Truppen und Einheiten stationier­ten. Das Kapitel über die Stadt Ratibor, die nach dem Schlesisch­en Krieg an Preußen ging, nach dem ErstenWelt­krieg zu Oberschles­ien gehörte und nach dem Zweiten polnisch wurde, trägt als Überschrif­t „Eine Heimat zwischen den Fronten.“

Die Zusammenar­beit zwischen Leverkusen und seinen Partnern habe wunderbar funktionie­rt und sei in diesem Umfang nahezu einmalig, berichtet Gutbier, der sich über eine Förderung freuen kann. Von der NRW-Stiftung, seinem größten Sponsor, erhält der Opladener Geschichts­verein 26.000 Euro. Insgesamt wird die Ausstellun­g mit rund 60.000 Euro bezuschuss­t.

Gespickt ist die Schau mit Fotos, Dokumenten und Erinnerung­sstücken, die zum Teil aus der Bevölkerun­g stammen: Militärpäs­se und Lebensmitt­elkarten werden unter anderem gezeigt. Wer alte Dokumente, Fotos, Briefe, Gegenständ­e hat und zurVerfügu­ng stellen möchte, kann sich beim Geschichts­verein melden.

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FOTO: UWE MISERIUS Freuen sich über die 26.000 Euro von der NRW-Stiftung: Michael Gutbier, Wolfgang Hasberg, Ernst Küchler, Lars Richter und Guido von Büren.

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