Gründerzeit in der Union
Dem jungen CSU-Politiker Stephan Bloch ist seine Parteiführung peinlich. Er will keinen Masterplan Migration – er will einen Masterplan Zukunft.
BERLIN Stephan Bloch ist schwer beschäftigt. Der CSU-Politiker hetzt von einem Termin zum nächsten. Zwischendurch ist kurz Zeit für ein Telefonat. Der 29-Jährige hat eine richtige Welle ausgelöst mit einer politischen Idee: der Union der Mitte. Er ist peinlich berührt vom Verhalten von CSU-Chef Horst Seehofer, dem CSU-Landesgruppenvorsitzenden Alexander Dobrindt und Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder im Asylstreit, der fast die Union und die Bundes- regierung zerlegt hätte. Auslöser war Seehofers 63-Punkte-Masterplan mit dem einen entscheidenden Streitpunkt zu Zurückweisungen von Flüchtlingen an der Grenze im nationalen Alleingang. Damit konnte er sich aber nicht gegen die Bundeskanzlerin durchsetzen, die Alleingänge ablehnt.
Bloch sagt: „Auch wenn ich manches anders sehe als Angela Merkel – ich zolle ihr Respekt für ihre sachliche Arbeit.“Er findet:„Wir brauchen keinen Masterplan für die Asylpolitik, sondern einen Masterplan für die Zukunft. Ein Masterplan für die Flüchtlingspolitik wäre 2015 nötig gewesen. Nun werden die Probleme langsam kleiner.“Aber Seehofer und Dobrindt setzten Ideologie an die Stelle von Inhalten. „Die Bundes-CSU hat sehr viel kaputt gemacht.“Bundesweit hat Bloch in der CDU Unterstützung bekommen. Etwa von Schleswig-Holsteins Wissenschaftsministerin Karin Prien. Sie sagt: „Die Politik der CSU-Führung mit ihrer antieuropäischen Haltung, ihrer Abkehr vom Multilateralismus, einer Verrohung der Sprache und einem unterirdischen Umgang mit der Kanzlerin sowie weiteren Spitzenpolitikern der CDU wollen wir nicht hinnehmen.“Die Rücksichtslosigkeit der CSU-Führung werde von den Wählern auch nicht goutiert. Drei Monate vor der bayerischen Landtagswahl liegt die CSU bei 38 Prozent und hat schlechte Aussichten, ihre Alleinregierung zu verteidigen.
Prien betont: „Jetzt machen wir es mal umgekehrt und positionieren uns als Union der Mitte.“Die CDU könne Plattformen wie die Union der Mitte, aber auch die konservative Werte-Union gut aushalten. „Wichtig ist nur, dass wir als Basisbewegung der Werte-Union und ihrem monothematischen ,Merkel muss weg’-Narrativ jetzt eine überzeugende Unions-Agenda entgegensetzen.“Deren Vorsitzender Alexander Mitsch sagt wiederum:„Die Union der Mitte müsste sich die Union der Linken nennen. DieWerte-Union ist der liberal-konservative Flügel von CDU und CSU in der Tradition von Ludwig Erhard – und das ist die eigentliche Mitte der Union.“Es sei aber gut, dass die Partei wieder diskutiere. „Die Union war viel zu lange profillos.“Wolfgang Steiger vom CDU-Wirtschafts- rat bilanziert: „Diese Zergliederung der CDU ist ein Symptom dafür, dass sie nicht mehr von der Spitze her integriert wird.“
Zu Blochs Masterplan der Zukunft gehört übrigens dies: kostenfreie Erstausbildung, artgerechte Tierhaltung von Nutz- und Schlachttieren, flächendeckende Ärzteversorgung. Und dies: ein streitbares Europa mit innerem Frieden, in dem auch Nationalisten eine Heimat und keine Angst vor Flüchtlingen hätten. „Die Bürger wollen nicht nur einen Plan zur Flüchtlingspolitik. Die Bürger wollen ein Komplettangebot.“