Innogy fügt sich der Zerschlagung
Im Übernahmestreit dreht der Innogy-Vorstand bei. Nun sollen sich Eon- und Innogy-Mitarbeiter um doppelt besetzte Stellen bewerben. Aktionärsschützer raten Anlegern, das Eon-Angebot nicht anzunehmen.
ESSEN Vor einer Woche trafen sich Hunderte Innogy-Mitarbeiter zur Betriebsversammlung in der Lichtburg in Essen. Doch statt schöner Spielfilme gab es hartes Brot: Der Innogy-Vorstand signalisierte der Mannschaft, dass er im Kampf gegen die Übernahme durch Eon beidreht. Am Mittwoch stimmte der Aufsichtsrat entsprechenden Rahmenvereinbarungen mit Eon und RWE zu. „Innogy wird die zügige Umsetzung der Transaktion positiv begleiten und unterstützen, auch gegenüber dem Kapitalmarkt“, teilten die drei Unternehmen nun mit. „Die Vereinbarungen schaffen die Grundlage für faire Integrationsprozesse auf Augenhöhe“, sagte Innogy-Chef Uwe Tigges.
Der frühere Personalvorstand, der seit dem Rauswurf von Peter Terium das Unternehmen führt, ließ aber keinen Zweifel daran, wer Koch und Kellner bei dem Energie-Deal ist. So darf Innogy kein Tafelsilber verkaufen, sondern muss bei möglichen Angeboten Alternativen prüfen und das Vermögen zusammenhalten. Tigges ist dennoch überzeugt: „Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Innogy übernommen wird, haben wir das Bestmögliche für unsere Mitarbeiter herausgeholt.“
Im März hatten Eon und RWE den spektakulären Deal vereinbart: Danach übernimmt Eon von seinem früheren Erzrivalen die 77-Prozent-Beteiligung an Innogy. Anschließend wird das erst 2016 geschaffene Unternehmen zerlegt: Eon bekommt das Netz- und Vertriebsgeschäft. RWE die Ökostrom-Aktivitäten von Eon und Innogy sowie eine Beteiligung von 16,7 Prozent an Eon. Die Folgen:
Für Mitarbeiter Zunächst gehen alle 42.000 Innogy-Mitarbeiter zu Eon. Von den über 70.000 Mitarbeitern der neuen Eon müssen anschließend 5000 gehen, wie Eon-Chef Johannes Teyssen schon im März angekündigt hat. Nun betonen die Konzerne: „Die Integrationen sollen, wie bisher in den Unternehmen gute Tradition, sozialverträglich erfolgen.“Sie haben im Mai eine Grundsatzerklärung mit den Gewerkschaften vereinbart, danach sind „betriebsbedingte Beendigungskündigungen praktisch ausgeschlossen“, wie die Unternehmen nun noch einmal versichern.
Dennoch wird es ungemütlich: Eon Chef
Johannes Teyssen Bei künftig in der neuen Eon doppelt vorhandenen Funktionen müssen die Stelleninhaber von Eon und Innogy sich bewerben, der beste wird genommen. Das letzte Wort hat der Eon-Vorstand. „Wir werden alle Mitarbeiter gleich und fair behandeln, unabhängig davon, ob sie heute zu RWE, Innogy oder Eon gehören“, versicherte RWE-Chef Rolf Martin Schmitz.
Das gilt nicht nur für Tarif-Beschäftigte und einfache Führungskräfte, sondern inzwischen auch für die Top-Kräfte bei der neuen Eon. 2019 will der Konzern, dessen Zentrale in Essen bleibt, sein neues Führungsteam bekannt geben. Ob die Innogy-Vorstände dort oder bei RWE eine Zukunft haben oder haben wollen, sei fraglich, heißt es. Netzvorstand Hildegard Müller sei weiter verstimmt über ihren frühe-
RWE Chef Rolf Martin Schmitz Squeeze Out später ein Pflichtangebot machen muss.“Die Höhe eines solchen Angebots sei dann im Gegensatz zu dem aktuellVorliegenden gerichtlich überprüfbar. „Die letzte Aktie ist bekanntlich oft die teuerste. Das sollten Innogy-Anleger nicht vergessen.“Eon hat ein höheres Angebot bislang ausgeschlossen.
Für Kunden Ob Eon die mit Millionen-Summen eingeführten Strom-Marken Innogy und ePrimo behält, ist noch offen. Die Formulierung in den Rahmenvereinbarungen sei unerfreulich vage, heißt es in Innogy-Kreisen. Sollte Teyssen die Marken einstampfen, müsste Eon aber entsprechende Abschreibungen vornehmen. Offen sind die Auswirkungen des Deals für Stromkunden. Das Netzgeschäft ist ohnehin staatlich reguliert. Kartellexperten sehen wegen der vielen Anbieter, die sich auf dem Strommarkt tummeln, kein grundsätzliches Problem. In Grundversorgungstarifen, die aber viele Kunden noch immer haben, haben Innogy und Eon allerdings schon jetzt eine führende Stellung.
Für Kommunen Die Kommunen halten knapp 25 Prozent an RWE. Als Aktionäre freuen sie sich, dass RWE eine Perspektive jenseits der Braunkohle hat. Der Kurs ist gegenüber dem Frühjahr um mehr als ein Drittel auf 22 Euro gestiegen. Doch aus Sicht als Firmen-Standort sehen sie die Sache skeptischer. Der Kahlschlag bei den Arbeitsplätzen dürfte insbesondere Dortmund und Essen treffen. In Essen haben alle drei Konzerne ihren Sitz, in Dortmund sind wichtige Vertriebsabteilungen. Der geplante Innogy-Campus rund um die neue Zentrale, ein millionenschwere Bauprojekt in Essen, wurde bereits gestoppt. Nun warten die Kommunen, dass Eon mit ihnen Kontakt aufnimmt. Dabei geht es auch um Konzessionsverträge und die Beteiligung an Stadtwerken, die von Innogy auf Eon übergehen. Teilweise gibt es Sonderkündigungsrechte. Innogy hat sich nun verpflichtet, Eon beim Erhalt des Portfolios zu unterstützen.
Aktuell sprechen die Konzerne mit der EU-Kommission über die Kartellfreigabe, womöglich will die Kommission auch noch nationale Kartellbehörden einschalten. Die Energiemanager hoffen, den Deal bis Ende 2019 abzuschließen.