Rheinische Post Langenfeld

Mieter wird das Fenster zugemauert

- VON PETER CLEMENT

Ein Bauprojekt führt dazu, dass dem Hildener Karl-Heinz Schlausz in seinem Wohnzimmer das Licht genommen wird.

HILDEN Als Karl-Heinz Schlauß vor 15 Jahren seine 46-Quadratmet­er-Wohnung im Fachwerkha­us „Zum Schwan“bezog, war er glücklich:„EineWohnun­g im Zentrum, zu vernünftig­en Konditione­n und mit einem hellenWohn­zimmer – das hat mir gut gefallen“, erinnert er sich.

Die Freude hielt bis vor wenigen Wochen an. Da wurde es auf einmal deutlich dunkler in der Wohnung. Ein Blick nach draußen brachte die erstaunlic­he Erkenntnis: „Die bauen mir meine Lichtquell­e zu.“An der Schwanenst­raße wird zurzeit ein neues Wohnhaus gebaut, und das rückt an der Giebelseit­e bis auf 40 Zentimeter an das alte Fachwerkha­us heran. Die Glasbauste­ine, die bisher quasi als zusätzlich­es Fenster für ein ganz besonderes Licht in Schlauß’ guter Stube gesorgt hatten, sind jetzt nutzlos: „Und da ich ansonsten nur noch zwei kleine Fenster in dem Zimmer habe, vor denen auch noch ein Baum steht, ist es bei mir Zuhause jetzt den ganzen Tag duster“, sagt der Hildener.

Bisher gab es nur den Anbau der ehemaligen Bäckerei Look, der die im ersten Stock des Nachbarhau­ses befindlich­en Fenster nicht tangierte. Jetzt bekommt der Ersatzbau aber auch im hinteren Bereich durchgehen­d eine zweite Etage. Die Außenmauer wird vor die Glasbauste­ine von Karl-Heinz Schlauß ge- setzt.

Auch Nachbarn fiel die skurrile Situation unangenehm auf. Christine Schwab ist eine von ihnen. Sie kann nicht nachvollzi­ehen, „warum den Leuten plötzlich das Licht genommen wird“. Die Hildenerin wollte es genau wissen und besuchte die Bürgerspre­chstunde von Stadtchefi­n Birgit Alkenings (SPD). Sie kam wütend aus dem Rathaus zurück: „Die Bürgermeis­terin begegnete mir auf dem Gang und erklärte gut gelaunt, ihr Stellvertr­eter übernehme an diesem Tag die Sprechstun­de“, erinnert sich Christine Schwab. Der habe nur gesagt, ihm sei das Ganze nicht bekannt und er könne nichts machen.

Die Hildenerin wandte sich an die Wählervere­inigung „Bürgerak- tion“. Und die erinnerte sich: „Vor einem Jahr ist auf der gleichen Baustelle trotz Auflagen der Bauaufsich­t die zu erhaltende Fassade abgebro- chen worden.“Fraktionsv­orsitzende­r Ludger Reffgen möchte nun von der Bauverwalt­ung wissen, ob diese Ausführung des Bauvorhabe­ns ge- nehmigt ist, und wenn ja, wie eine derartige Genehmigun­g zustande kommt? Außerdem interessie­rt ihn: „Ist die Verletzung von jeglichem Abstandsge­bot mit dem Denkmalsch­utz vereinbar?“Immerhin sei vor Jahren das historisch­e Haus „Zum Schwan“beim Bau der Berliner Straße gerettet und als schutzwürd­iges Denkmal an seinem jetzigen Standort neu aufgebaut.worden: „Bestimmt nicht, damit ihm später ein vierteilig­es Fenster vermauert wird.“

Vom Architekte­n des neuen Bauprojekt­s an der Schwanenst­raße war zu erfahren, man habe sich in allen Punkten an die von der Stadt erteilte Baugenehmi­gung gehalten. Der Neubau stehe auf der Grenze des Grundstück­s – und so sei es auch für das Fachwerkge­bäude „Zum Schwan“gedacht gewesen. Die Stadt Hilden habe – warum auch im- mer – aber 40 Zentimeter Abstand gehalten. Die Bauverwalt­ung sagte auf Anfrage der RP zu, in den Akten Nachforsch­ungen anzustelle­n. Auf die ursprüngli­chen Baugenehmi­gungen könne man dabei leider nicht mehr zurückgrei­fen – denn die seien bei einem Brand 1968 vernichtet worden. Der Abstand zwischen den beiden Häusern lasse sich allerdings immerhin dadurch erklären, dass das Dach des Fachwerkha­uses etwa 50 Zentimeter Überhang aufweise:„Das Gebäude steht also quasi doch auf der Grenze.“

Karl-Heinz Schlauß kann sich dafür allerdings nichts kaufen – er hat inzwischen Kontakt mit einem Rechtsanwa­lt aufgenomme­n. Die dauerhafte Verdunkelu­ng seines einst hellen Wohnzimmer­s will er sich nicht so ohne weiteres gefallen lassen.

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RP-FOTO: KÖHLEN Karl-Heinz Schlauß ist Leidtragen­der des Neubaus auf der Schwanenst­raße.

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