Tanz mit mir
Eine Show, die in die Glieder fährt: Popstar Justin Timberlake faszinierte in zwei Konzerten das Publikum in der Lanxess-Arena.
KÖLN Tanzen müsste man können. Nicht so, wie man das bei besonders guter Stimmung in der Disco macht oder wie man es vor langer Zeit mal für irgendeinen Abschlussball beigebracht bekommen hat. Das denkt sich, wer Justin Timberlake in Aktion – offensichtlich auf der Höhe seines Könnens – erlebt. Der 37-Jährige schleicht, schwebt, gleitet, fliegt über den schwarzen Boden und reißt seine Background-Truppe mit sich. Die Bewegung scheint unter ihm zu beginnen, drängt in die Beine, die Hüfte, wirbelt den Oberkörper herum, die Arme streben zum Mikroständer. Der Saal kreischt, und es sind nicht nur die Frauen.
Die Schlangenlinie, die sich als Bühne durch das Publikum zieht, wird bei „Cry Me A River“, großügig verqualmt, zum fiktiven Laufband für die fließenden Füße Timberlakes. In weißen Sneakers springt er, lässt seine Schuhe und das weiße T-Shirt im Schwarzlicht violett aufblitzen. Zweifellos steckt in diesen Sprüngen und abrupten Armschwüngen noch der Frontmann der 90er-Boygroup *NSYNC, doch das ist längst verziehen. Etwas Entscheidendes macht Timberlake heute anders: Er ist lässiger, wischt alle Zweifel, das alles müsste schrecklich beliebiger Pop sein, beiseite. Aber vielleicht ist das nur Einbildung.
Technisch und visuell gehört die Show zum Besten, was das Genre zu bieten hat. Eine Bläser-Gruppe gibt die quietschenden Tuschs zu den House-Beats, ein Gitarrist spielt sich mit einem kurzen Solo in den Vordergrund, ein kleiner Chor lässt bei den funkigen Liedern sogar etwas Gospel-Atmosphäre aufkommen. Von der Decke hängen halbtransparente Leinwände, auf denen die beeindruckend synchronen Tanzeinlagen Timberlakes und seiner Truppe zu sehen sind, auch Kamerafahrten über einen rotgetünchten Wald.
„Man Of The Woods“heißt das neue Album, dem entspricht auch der Mittelteil der Show. Bei einigen Cover-Songs wie „Dreams“(Fleetwood Mac),„Come Together“(Beatles) und „Thank God I‘m A Country Boy“(John Denver) sitzen die Mu- siker um ein Lagerfeuer, Gitarren in der Hand, Köpfe legen sich auf Schultern. Auch die Zuschauer nehmen kurz wieder Platz, ruhen sich nach der drückenden (und beim ersten Song ohrenbetäubenden) ersten Hälfte des Konzertes aus. Doch diese Pause währt nicht lange.
Spätestens bei „Summer Love“stehen sie alle wieder vor ihren Sitzen, wiegen sich, ein Lächeln im Gesicht, im Beat. Selten nah kommen wenige von ihnen dem Star, als er sich bei „Rock Your Body“(„Dance With Me“) ins Publikum begibt. Ein Fan bekommt ein digitales Andenken: Timberlake nimmt ihm das Smartphone aus der Hand und schießt ein Selfie von sich, die tobende Menge im Hintergrund.