KULTURTIPPS
Guillaume de Machauts wundervolle „Messe“ The Internet: Soul für die Hängematte Sommer, Sonne, Salzburg mit Kästner
Klassik Man redet von ihr wie von einem fernen Mysterium, einer Ikone der Musik. Kaum einer hat sie je live gehört oder singt sie, die Notenlage ist schwierig, es gibt kaum Aufnahmen. Doch alle, die dem Werk bei irgendeinem Spezialisten-Festival begegnet sind, schwärmen in den höchsten Tönen. Guillaume de Machauts grandiose „Messe de Nostre Dame“gilt als emblematisches Werk der Ars Nova des 14. Jahrhunderts: Sie ist die früheste erhaltene und vollständig vierstimmig komponierte Vertonung des Mess-Ordinariums. Jetzt hat das französische Ensemble Diabolus in Musica unter Leitung von Antoine Guerber beim großartigen französischen Schallplattenlabel Alpha eine grandiose Einspielung vorgelegt, die das Werk auch sinnlich erfahrbar macht. Endlich haben die Musikfreunde für diese „Messe“eine Gesprächsgrundlage. w.g. Wenn es eigentlich zu warm ist, um sich zu bewegen, und zu hell zum Blinzeln, dann sollte man diese Platte hören. Die amerikanische Band The Internet hat ihr viertes Album veröffentlicht, es heißt „Hive Mind“, und darauf sind nur sehr sanfte, entspannte Lieder zu hören, die etwas Diesiges haben, etwas Verwaschenes und Unscharfes. Genau genommen kann man diese Musik am besten würdigen, wenn man in einer Hängematte liegt oder in einem Schaukelstuhl sitzt. The Jamaica State Of Mind, sozusagen.
The Internet sind Teil des HipHopund R’n’B-Kollektivs Odd Future, zu dem auch Frank Ocean und Tyler The Creator gehören, aber im Gegensatz zu ihren Kollegen pflegen sie die Langsamkeit, die Leichtigkeit, sie deuten bloß an. Das ist Soul mit Hang zum Jazz, und man spürt, dass The Internet Fans der 70er-Jahre-Platten von Stevie Wonder sind, dass sie die Commodores und Prince mögen und das große Album „The Velvet Rope“von Janet Jackson rauf und runter gehört haben müssen.
„Hive Mind“wird von einem unwi- Klassiker Das ist jetzt genau die Zeit, noch einmal dieses Buch zu lesen. Sommer, Sonne, Salzburg – ebendort wurden soeben ja die jährlichen Festspiele eröffnet. Zu den Salzburger Festspielen reist auch Georg Rentmeister, es ist das Jahr 1937, und die Bestimmungen wollen es damals so, dass er nur zehn Mark monatlich mit über die Grenze nehmen darf. Das Geld ist bald für Mozartkugeln, Postkarten und Brezeln ausgegeben. Ganz sympathisch eigentlich – findet auch Fräulein Konstanze. Die lernt der arme Schlucker kennen, als er sie um den Betrag für Kaffee und Lebkuchen anpumpt. In seinem Tagebuch notiert er bald: „Ich kann nicht schlafen.“Und das ist der paratoxische Kästner-Sound, der sofort abhängig macht. Natürlich hat sich Georg Rentmeister verliebt. Vor der Kulisse von Salzburg entwickelt sich nun jedenfalls ein schönes Verwirrspiel und weil Kästner Humor hatte, lässt er Rentmeister auch noch auf Konstanzes Familie treffen. kl derstehlichen Groove durchzogen, und immer wieder staunt man über überraschende Details: der schlurfende Bass in „Look What U Started“, die Vokal-Harmonien in „Wanna Be“, das Saxofon am Ende von „It Gets Better“. Das Geheimnis dieses zunächst unspektakulär anmutenden, aber virtuos arrangierten Albums ist sein analoges Gefühl. Es mutet menschen- freundlich an, warm und echt. Im Mittelpunkt steht die Stimme von Sängerin Syd, die kürzlich auch eine tolle Soloplatte gemacht hat. Sie schmeichelt zumeist, sie kann aber auch anders, dann hält sie ihr Gegenüber auf Abstand und faucht es an. Und wenn man sich ein Lied aussuchen sollte, dass man den ganzen Sommer über hören möchte, wäre „It Gets Better“ein aussichtsreicher Kandidat.
Philipp Holstein