Kampf gegen Steuerbetrug im Netz
Online-Marktplätze wie Ebay oder Amazon sollen für die Umsatzsteuer ihrer Händler haften. Finanzminister Scholz will erreichen, dass sich mehr Anbieter in Deutschland registrieren lassen.
BERLIN Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will den verbreiteten Umsatzsteuerbetrug von Online-Händlern auf Internet-Plattformen wie Ebay oder Amazon wirkungsvoller bekämpfen. Dazu legt Scholz dem Kabinett am kommenden Mittwoch den Entwurf eines „Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“vor, das zum 1. Januar 2019 in Kraft treten soll.
Der Gesetzentwurf sieht vor, die Online-Marktplätze künftig stärker in die Pflicht zu nehmen, um die Umsatzsteuerhinterziehung im Netz zu unterbinden. Die Plattformen werden für die Umsatzsteuer ihrer Händler generell in Haftung genommen. Nur wenn sie dem Finanzamt eine Bescheinigung über die steuerliche Registrierung der Verkäufer vorlegen, die bei ihnen aktiv sind, haften sie nicht selbst.
Der Umsatzsteuerbetrug im Internet ist ein verbreitetes Phänomen, weil für die Finanzbehörden die Kontrolle über Milliarden Transaktionen im Netz praktisch unmöglich ist.Vor allem Händler aus Nicht-EUStaaten nutzen die „Steueroase Internet“. Obwohl im Netz in Deutschland Milliarden umgesetzt würden, beliefen sich die Umsatzsteuereinnahmen des Bundes 2016 aus diesen Transaktionen auf nur 28 Millionen Euro, hatte der Bundesrechnungshof bereits vor einem Jahr beklagt. Indem der Gesetzgeber die Plattformbetreiber in Haftung nimmt, setzt er für sie einen Anreiz, nur Händler zuzulassen, die eine Steuernummer in Deutschland haben und ihre Umsatzsteuer ordnungsgemäß abführen. Die Neuregelung werde einige Hundert Millionen Euro mehr an Steuereinnahmen bringen, schätzt das Finanzministerium.
„Seit geraumer Zeit liegen vermehrt Anhaltspunkte dafür vor, dass es beim Handel mit Waren über das Internet unter Nutzung von elektronischen Marktplätzen verstärkt zu Umsatzsteuerhinterziehungen kommt, insbesondere beim Handel mit Waren aus Drittländern“, heißt es in dem Gesetzentwurf. Deshalb bestehe „dringender Handlungs- bedarf“. Vorgesehen ist auch, die Online-Plattformen ebenfalls in Haftung zu nehmen, wenn ein liefernder Unternehmer die Umsatzsteuer nicht abgeführt hat, obwohl er in Deutschland registriert ist. In diesen Fällen schickt das zuständige Finanzamt dem Plattform-Be- treiber eine Mitteilung. Nach deren Zugang hafte der Plattform-Betreiber für die entgangene Umsatzsteuer, so der Gesetzentwurf. Damit will Scholz erreichen, dass die Plattform dem Staat hilft, die Steuer bei ihren Händlern einzutreiben.
Ähnliche Regeln hatte die EU 2017 beschlossen. Sie sollen aber erst ab 2021 angewendet werden. Mit den Ländern, die im Bundesrat zustimmen müssen, besteht Einigkeit: Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe hatte die Vorschläge erarbeitet. „Ziel ist es, steuerehrliche Unternehmen vor Wettbewerbsverzerrungen zu schützen“, hieß es im Finanzministerium. „Das ist zwingend notwendig, denn es ist schlicht unfair, wenn ausländische Online-Händler bei uns keine Umsatzsteuer abführen, alle anderen aber schon“, sagte Steuerzahlerpräsident Reiner Holznagel. „Wir haben sehr viel Unmut in der Mitgliedschaft, weil hier eine Marktverzerrung zugunsten ausländischer Anbieter stattfindet, die ihre Produkte im Netz einfach billiger anbieten können, weil sie die Umsatzsteuer unterschlagen.“Leitartikel