EU-Richter setzen der Gentechnik enge Grenzen
BRÜSSEL (rtr) Das oberste europäische Gericht setzt einer umstrittenen Technologie zur Veränderung des Erbguts von Pflanzen enge Grenzen. Mit dem neuen Verfahren manipulierte Pflanzensorten gelten rechtlich als gentechnisch verändert, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Grundsatzverfahren. In der Folge müssten die auf dem Wege gewonnenen Pflanzen auch als „gentechnisch veränderte Organismen“(GVO) gekennzeichnet werden.
Konkret dreht sich der Fall um die sogenannte Genscheren- oder Mutagenese-Technologie, mit der das Erbgut von Pflanzen schneller und gezielter verändert werden kann als bisher. Das Bundesumweltministerium begrüßte das Urteil, während das Landwirtschaftsministerium für Offenheit gegenüber Innovationen in der Agrarforschung warb. Die Industrie sprach von einer„rückwärtsgewandten“Entscheidung.
In den EU-Gentechnik-Vorschriften von Anfang des Jahrtausends wird das neue Verfahren nicht aufgeführt. Ein französisches Gericht hatte die Luxemburger Richter deshalb um Auslegung gebeten, ob die EU-Gentechnik-Ordnung auch hier greift. Kritiker fürchten, dass die Genscheren-Technologie nicht sicher ist und sich verändertes Erbgut in der Natur unkontrolliert verbreiten könnte. Angewandt wird die neue Methode in Europa bislang aber kaum. In den USA entzog die Firma Calyxt damit Soja bestimmte Fette. Die neuen Bohnen werden dort bereits angebaut.
Insgesamt sind in deutschen und europäischen Supermarktregalen kaum genverändertes Obst und Gemüse zu finden. Wegen der vorgeschriebenen Kennzeichnung gehen Handelsketten davon aus, dass Kunden einen großen Bogen darum machen würden. Auch auf europäischen Feldern ist Gengetreide wegen der strengen Auflagen eine Rarität. Angebaut wird lediglich eine Maissorte. Die Einfuhr von Gensorten in die EU ist erlaubt, aber nur zur Verwendung als Tierfutter.
Erleichtert reagierten die Ökound Kleinbauern auf den Urteilsspruch. Man habe sich durch den Verzicht auf Gentechnik bei den Verbrauchern viel Vertrauen und einen großen Wettbewerbsvorteil verschafft, sagte Verbandschef Martin Schulz. Der Chemieverband VCI teilte hingegen mit: „Es schadet der Innovationsfähigkeit des Biotech-Standorts EU erheblich und koppelt ihn von der Entwicklung im Rest der Welt ab.“