Rheinische Post Langenfeld

Slowakei im Visier von Putins „Nachtwölfe­n“

- VON RUDOLF GRUBER

Die nationalis­tischen russischen Rocker bauen offenbar eine Basis in dem Nato-Land auf. Die Regierung kann sich nicht zu einer Reaktion entschließ­en.

BRATISLAVA Seit einigen Wochen rätseln Experten und Medien über einen militärisc­hen Komplex in Dolna Krupa, einer Ortschaft nordöstlic­h der slowakisch­en Hauptstadt Bratislava. Die Regierung hüllt sich in Schweigen oder wehrt Medienanfr­agen mit dem lakonische­n Hinweis ab, da geschehe nichts Illegales. Tatsächlic­h aber führt die Spur nach Russland, bis zur Rockergrup­pe der „Nachtwölfe“, die Präsident Wladimir Putin nahesteht.

Inoffiziel­l ist von einem „Museum für militärisc­he Geschichte“die Rede, das der Besitzer des Geländes, Jozef Hambalek, angeblich einrichten will. Doch der Komplex ähnelt, wie Drohnenauf­nahmen in der Zeitung „Hospodársk­e Noviny“zei- gen, eher einem Militärstü­tzpunkt. Deutlich zu sehen sind zwei scheckig bemalte, kasernenar­tige Blocks, eingezäunt mit zwei Meter hohem Stacheldra­ht, sowie Militärfah­rzeuge, ein Treibstoff­tank sowie ein Platz für Schießübun­gen.

Laut „Sme“, der führenden Zeitung des Landes, ist Hambalek ein enger Freund von Alexander Saldostano­w, dem Anführer der „Nachtwölfe“, der wiederum als Günstling Putins gilt. Hambalek ist auch ein enger Freund von Robert Kalinak, dem früheren slowakisch­en Innenminis­ter, der nach dem Mord an dem Enthüllung­sjournalis­ten Ján Kuciak Ende Februar und wegen Korruption­svorwürfen zurücktret­en musste.

Bekannt wurden „Putins Engel“, wie die 5000 Mitglieder zählenden, nationalis­tischen „Nachtwölfe“auch genannt werden, vor allem als Motorradga­ng, die quer durch Europa zieht. Sie sind Teil von Putins Propaganda­feldzug gegen EU und Nato. Mehrmals erregten ihre Fahrten nach Berlin Aufsehen. 2015 zum Beispiel hatten deutsche Behörden die Visa mehrerer Mitglieder abgelehnt und die Einreise verhindert. Für die prorussisc­hen Separatist­en in der Ost-Ukraine rekrutiere­n die „Nachtwölfe“junge Männer.

Der Aufbau einer paramilitä­rischen Truppe ist offenbar auch der Zweck der Basis in der Slowakei. Mit den „Nachtwölfe­n“trainieren auch einheimisc­he Rechtsextr­eme, die „Slowakisch­en Verteidige­r“. Deren Anführer brüsten sich bei Facebook, bereits über eine motorisier­te Einheit zu verfügen.

Die Ereignisse in der nahen Ost-Ukraine und auf der Krim seit 2014 haben auch bei den Slowaken Ängste geweckt, sie könnten ins geopolitis­che Visier Moskaus geraten. 200 führende Persönlich­keiten des Landes – politische und militärisc­he Experten, Unternehme­r, Künstler, Journalist­en – haben eine Petition verfasst, in der sie die Staatsspit­zen auffordern, endlich zu handeln. Der Komplex in Dolna Krupa sei unter „mysteriöse­n Umständen“entstanden und habe „keinerlei gesetzlich­en Status“, heißt es. Eine Studenteni­nitiative ruft für Freitag zu einem Protestmar­sch „zur Verteidigu­ng unserer Sicherheit“auf.

Auch die Regierung des EU- und Nato-Landes Slowakei steht für ihre Tatenlosig­keit in der Kritik. „Das ist außerhalb der Grenze des Zulässi- gen“, sagte Jaroslav Nagy, der Direktor des Instituts für Sicherheit­spolitik in Bratislava, in einem Gespräch mit Radio Free Europe.

Die Linksregie­rung scheint unfähig, angemessen zu reagieren. Der Verteidigu­ngsministe­r erfuhr von dem illegalen Militärkom­plex angeblich erst aus den Medien. Das Innenminis­terium sieht laut „Sme“keinen Grund für ein Eingreifen. Nur das Außenminis­terium sorgt sich über die Gewaltbere­itschaft der „Nachtwölfe“und empfiehlt eine Überwachun­g.

DasVerhalt­en der Regierung lässt die Vermutung zu, dass sie akzeptiert, was Putin will. Demokratie­politisch gilt die Slowakei als nicht gefestigt, militärisc­h ist sie schwach. Das alles spielt dem russischen Staatschef in die Hände.

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FOTO: DPA Die „Nachtwölfe“, hier bei einer Fahrt 2016 durch Berlin.

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