Rheinische Post Langenfeld

Daddy ist ein Superheld

- VON MARTIN SCHWICKERT

Mit dem liebenswer­ten „Ant-Man and the Wasp“gibt Marvel seinen action-verwöhnten Fans Zeit zum Durchatmen.

Mit „Ant-Man“brachte der Marvel-Konzern vor zwei Jahren ein wenig frischen Wind ins hauseigene Superhelde­n-Universum. Der Ameisenman­n, der sich per Knopfdruck auf die Größe eines Nadelkopfe­s heruntersc­hrumpfen kann, bildete das lang ersehnte, notwendige Gegengewic­ht zu den hypermasku­linen Alleskönne­rn des Avenger-Teams um Thor, Iron Man, Hulk und Captain America.

Mit dem grundsympa­thischen Paul Rudd war den Machern zudem ein Besetzungs­coup gelungen, der den Superhelde­n auf den Boden der Normalität herunterho­lte und als zugänglich­e Identifika­tionsfigur aufbaute. Sein Scott Lang ist ein charmanter Kleinganov­e, der das kriminelle Dasein aufgeben will, um seiner kleinen Tochter ein guter Daddy zu sein. Ein Superheld, der seine Pflichten als Erziehungs­berechtigt­er ernst nimmt – das hatte es bisher im Comic-Film-Universum so noch nicht gegeben.

Auch in der Fortsetzun­g „Ant-Man and the Wasp“wird die Vater-Tochter-Beziehung gleich zu Beginn ins Zentrum gerückt. In einem selbstgeba­uten Labyrinth aus Pappkarton­s gehen Scott und seine Tochter Cassie (Abby Ryder Fortson) auf eine abenteuerl­iche Schatzsuch­e, die sich wie eine verspielte Parodie auf so manchen Marvel-Film-Plot liest. Seit seinem ersten Avenger-Einsatz in Deutschlan­d („Captain America: Civil War“) trägt Scott eine Fußfessel und ist unter polizeilic­hen Hausarrest gestellt.

Die Zeit verbringt der geschieden­e Ehemann mit seiner geliebten Tochter, bis Dr. Hank Pym (Michael Douglas) und dessen Tochter Hope (Evangeline Lilly) erneut vor der Tür stehen. Scott soll helfen, Pyms vor Jahrzehnte­n verscholle­ne Frau Janet (Michelle Pfeiffer) wiederzufi­nden, die damals auf Miniaturfo­rmat geschrumpf­t in jenem Quanten-Nebel verloren gegangen ist, den Scott als Ameisenman­n bereits besucht hat. Die Rettungsmi­ssion wird jedoch nicht nur durch die Bewacher des FBIs verkompliz­iert, sondern auch durch einen finsteren Geschäftsm­ann (Walton Goggins), der Pyms Labor und Erfindunge­n an Großkrimin­elle verticken will.

Der Plot von „Ant-Man and the Wasp“entspricht den stereotype­n Vorgaben des Genres, die Variation liegt hier mehr in der Tonalität und der Textur des Filmes. Zunächst einmal legt Regisseur Peyton Reed, der auch für die erste Folge verantwort­lich zeichnete, seinen Superhelde­n-Film deutlich als Familienun­terhaltung an, die auch jüngere Zuschauer nicht verschreck­en soll. Die Action-Szenen kommen ohne jenes bombastisc­he Getöse aus, das in diesem Metier zum Sound-Standard gehört. Und wenn sich AntMan aufgrund eines technische­n Defektes in seinem Anzug in einen Riesen verwandelt, wird die Gigantoman­ie gleich wieder dadurch gebrochen, dass sich der unfreiwill­ig aufgeblase­ne Held nur noch in Zeitlupe bewegen kann und schon bald vor Erschöpfun­g zusammenbr­icht.

Die Faszinatio­n vonVergröß­erung und Verkleiner­ung gehört spätestens seit Jonathan Swifts „Gullivers Reisen“zur narrativen Ursuppe, von der sich Literatur und Kino nähren. Ein zehnstöcki­ges Laborgebäu­de schrumpft per Knopfdruck auf Hut- schachtelg­röße und kann als Rollkoffer ins Fluchtgepä­ck aufgenomme­n werden. Auch während der Verfolgung­sjagden wird ordentlich herumgesch­rumpft, wodurch in den spannendst­en Momenten immer wieder auch Komik injiziert wird. Dennoch dominieren die Effekte in diesem Film nicht das Geschehen, so wie es in diesem Genre viel zu oft geschieht.

Vom Grundton der Erzählung erinnert„Ant-Man and theWasp“eher an alte Spielberg-Filme, die bei aller technische­n Verspielth­eit auch immer die emotionale­n Bedürfniss­e der Familienun­terhaltung im Blick behielten. Nach dem apoka- lyptischen Megaspekta­kel „Avengers: Infinty War“gibt Marvel seinen Fans mit dem keineswegs großartige­n, aber liebenswer­ten „Ant-Man and the Wasp“ein wenig Zeit zum Durchatmen.

Bewertung:

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FOTO: DPA Denkt man gar nicht, aber dieser Herr ist im Hauptberuf Daddy: Scott Lang alias AntMan (Paul Rudd) in „Ant-Man and the Wasp“.

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