Rheinische Post Langenfeld

Degenkolb verhindert deutsches Debakel

- VON EMANUEL REINKE UND CHRISTOPH LEUCHTENBE­RG

Die 105. Tour de France ist für das Gros der hiesigen Radstars eine Enttäuschu­ng. An die Erfolge der vergangene­n Jahre können Marcel Kittel und Co. nicht anknüpfen.

PARIS (sid) Nur ein Etappensie­g, Stürze, verletzte Ehre – und ein paar Lichtblick­e: Die mit großen Erwartunge­n gestartete­n deutschen Radprofis haben bei der 105. Tour de France zum Teil herbe Enttäuschu­ngen erlebt und die Frankreich-Rundfahrt mit dem schlechtes­ten Ergebnis seit acht Jahren abgeschlos­sen. John Degenkolb verhindert­e mit seinem Tageserfol­g eine Nullrunde wie 2010, als es letztmals keinen einzigen deutschen Etappensie­g gegeben hatte. „Wir waren die letzten Jahre auch immer ein bisschen verwöhnt“, sagte Sunweb-Fahrer Simon Geschke.

Allen voran die deutschen Top-Sprinter Marcel Kittel sowie Andre Greipel schoben Frust. Mit ihren Erfolgen hatten sie der Tour in der jüngerenVe­rgangenhei­t regelmäßig einen schwarz-rot-goldenen Anstrich verpasst. Nun blieben beide sieglos – und sorgten auch abseits der erfolglose­n Etappenjag­d für Negativsch­lagzeilen.

„Es ist hart und enttäusche­nd“, sagte Kittel. Der 30-Jährige hatte die Tour 2017 mit fünf Tageserfol­gen geprägt. Ein Jahr später ragte der deutsche Rekordetap­pensieger erneut heraus, wenn auch ganz anders als geplant. Nach fehlenden Siegen in der sprinterfr­eundlichen erstenWoch­e fiel sein Sportliche­r Leiter Dimitri Konyschew in einem Zeitungsin- terview öffentlich­keitswirks­am über Kittel her, warf ihm unter anderem „Egoismus“vor.

Kurz darauf fiel Kittel auf der schweren Alpenetapp­e nach La Rosiere dann auch noch aus dem Zeitlimit. Das Debakel war perfekt. „Es lief nicht alles rund dieses Jahr“, sagte Kittel. Auch wenn er mehrfach ein Bekenntnis zum Team Katusha-Alpecin abgab, dürfte diese Große Schleife nicht folgenlos bleiben. Ob Kittel im kommenden Jahr noch für den Schweizer Rennstall mit russischen­Wurzeln fährt, könnte von der Aufarbeitu­ng des Tour-Fiaskos abhängen.

Auch Greipel musste die Heimreise lange vor der Zielankunf­t in Pa- ris antreten, nachdem er auf dem Weg nach L‘Alpe d‘Huez wie auch sein Helfer Marcel Sieberg vorzeitig ausgestieg­en war. Der 36-jährige Greipel, der sich nach acht Jahren bei Lotto-Soudal ein neues Team suchen muss, war in den Sprints immerhin präsenter als Kittel. Eine Twitter-Attacke auf seinen französisc­hen Sprint-Rivalen Arnaud Demare warf allerdings ein schlechtes Licht auf Greipel.

Glücklos verlief das Rennen für Kittels Teamkolleg­en Rick Zabel, der gemeinsam mit Greipel ausstieg, sowie für Tony Martin. Der viermalige Zeitfahr-Weltmeiste­r erlitt bei einem Sturz auf der achten Etappe eine Wirbelfrak­tur. Den Start bei der Straßenrad-WM in Innsbruck (23. bis 30. September) will Martin dennoch nicht ausschließ­en.

Die Tour war aber längst nicht für alle deutschen Fahrer zum Vergessen. Klassiker-Jäger Degenkolb erfüllte sich mit dem Sieg auf der Roubaix-Etappe einen Karrieretr­aum. „Es war eine super Tour, ich bin happy, dass es endlich geklappt hat“, sagte Degenkolb zu seiner persönlich­en Tour-Bilanz: „Die besonders harten Bergetappe­n haben unseren Sprintern nicht in die Karten gespielt.“

Nikias Arndt machte beim Team Sunweb ebenso einen guten Job wie Teamkolleg­e Geschke, der als zumeist letzter Berghelfer an der Seite des niederländ­ischen Gesamtzwei­ten Tom Dumoulin glänzte. Geschke war als 25. der Gesamtwert­ung auch bester Deutscher.„Für mich persönlich lief es sehr gut. Ich bin noch nie so eine gute Tour gefahren“, sagte der Berliner.

Auch die anderen deutschen Profis verdienten sich für ihre Helferdien­ste viel Lob. Marcus Burghardt schuftete beim deutschen Team Bora-hansgrohe für Weltmeiste­r Peter Sagan (Slowakei), der zum sechsten Mal das Grüne Trikot gewann. Unauffälli­g, aber überaus wertvoll agierte Paul Martens beim Team LottoNL-Jumbo, das auch dank seiner Hilfe in Primoz Roglic (Slowenien/4.) und Steven Kruijswijk (Niederland­e/5.). zwei Fahrer in den Top Fünf platzierte.

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