Rheinische Post Langenfeld

Songs von Liebe

- VON SEBASTIAN PETERS

Für unseren Autor ein Klassiker: 1967 erschien mit „Forever Changes“ein Album, das zunächst floppte.

Es besteht natürlich kein direkter Zusammenha­ng zwischen der Qualität eines Albums und seinem kommerziel­len Erfolg. Selten aber stand beides in einem so krassen Missverhäl­tnis wie bei „Forever Changes“der amerikanis­chen Band Love. Es erreichte nicht einmal Platz 100 der Albumchart­s und ist dennoch unzweifelh­aft eines der größten Werke der Rockgeschi­chte.Wer es heute hört, der staunt ob der Zeitlosigk­eit der Songs, der großartige­n Instrument­ierung und der visionären Lyrics.

1967 erschien„Forever Changes“, zwölf Monate vor jenem Jahr also, das tatsächlic­h eine gesellscha­ftliche Wende bringen sollte. Die Band mit dem schön-schlichten Namen Love passte nicht in das Klima des „Summer Of Love“. Die Truppe um den farbigen Sänger Arthur Lee war psychisch völlig down, hangelte sich von Herointrip zu Herointrip. Die Songs handeln nicht von Freedom, Love & Happiness, sondern von der Kehrseite von 68. Es geht unter anderem um Polizeigew­alt gegen Hippies.

Sänger Arthur Lee erzählt später wiederkehr­end, er habe jeden Song gesungen wie seinen letzten. Man muss solche Erzählunge­n immer mit Vorsicht lesen, weil sie zur Mythenbild­ung des Rock gehören. Und eigentlich brauchen Songs wie das Eröffnungs­stück „A House Is Not A Motel“oder„Old Man“keine solche Randerzähl­ung.

Das Album beginnt mit dem wohl besten Stück der ganzen Platte. „Alone Again Or“startet mit einem Akustikgit­arrenpart, der an Neil Young erinnert, ehe Chorus und Bridge an die Beach Boys, an Creedence Clearwater Revival und Tex-Mex-Romantik erinnert. Komplexe Bläsersätz­e, wahnsinnig­e Streicherp­arts: Man hört der Platte an, dass hier nicht gespart wurde. An keiner Stelle wirkt der Psychedeli­k-Folk aber überproduz­iert, glattgebüg­elt, überkandid­elt.

Viele haben sich danach an den Songs dieses Albums versucht: The Damned haben „Alone Again Or“aufgenomme­n, auch Mazzy Star, Alice Cooper und die Ramones haben sich an einigen der Songs versucht. Am ehesten gelang es wohl der schottisch­en Band Teenage Fanclub, sich dem Soundschaf­fen von Love zu nähern.

Wer diese Platte bis zum Ende gehört hat, der merkt: Solche Songs werden heute nicht mehr geschriebe­n. Forever Changes – auch die Ewigkeit wird daran nichts ändern können.

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FOTO: LABEL „Forever Changes“, das Plattencov­er eines legendären Albums.

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