Rheinische Post Langenfeld

Sat.1 bemüht sich um seine Problemzon­e

- VON CARSTEN RAVE

Seit Jahren kämpft der Sender um gute Quoten am Vorabend. Neuester Versuch: das Magazin „Endlich Feierabend“.

BERLIN (dpa) RTL und Sat.1 sind seit mehr als 30 Jahren die beiden größten deutschen Privatsend­er. Daran hat sich trotz aller Veränderun­gen im Fernsehbus­iness nichts geändert. Wenn es der Branche gutgeht, geht es auch den beiden Konkurrent­en gut – wenn es dagegen knirscht, dann leiden RTL und Sat.1 zeitgleich mit.

In einer Hinsicht sind die beiden Dauerrival­en Lichtjahre auseinande­r: Wenn es um die Sendezeit zwischen 18 und 20 Uhr geht, ist RTL ein Hort der Stabilität mit seinen Soaps wie „Alles was zählt“und„Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, den Magazinen „Explosiv“und „Exclusiv“sowie der Nachrichte­nsendung „RTL aktuell“. Sat.1 dagegen arbeitet schon seit Jahrzehnte­n an seiner wohl größten Problemzon­e, dem Vorabend.

Das soll sich nach dem Willen von Geschäftsf­ührer Kaspar Pflüger endlich ändern: Zunächst hat Pflüger am 16. Juli die Spielshow „Genial daneben“(immer um 19 Uhr) als tägliches Format ins Programm genommen, jetzt kommt mit „Endlich Feierabend“von diesem Montag (18 Uhr) an auch noch ein neues Magazin dazu.

Ist das nun der Weisheit letzter Schluss? Schwer zu glauben, denn wie vieleVorab­endmagazin­e hat der Sender bereits verschliss­en und we- gen fehlender Akzeptanz wieder abgesetzt? „Das Sat.1 Magazin“hielt sich immerhin zwischen 2007 und 2012. Der Nachfolger „push“ging 2012 auf Sendung, hielt sich aber nur wenige Monate. Mit„Unser Tag“war 2015 schon nach zehn Werktagen Schluss.

Auch stellte Sat.1 reihenweis­e andere Formate ein. Das große Krisenjahr war 2015, als die hoffnungsv­oll in der Nähe Berlins gestartete Überlebens­künstlerko­lonie „Newtopia“nach einigen mehr oder minder großen Skandälche­n geschlosse­n wurde und bei derVoraben­dserie„Mila“mit Susan Sideropoul­os nach zwei Wochen die Reißleine gezogen werden musste, weil das Publikum in Scharen weglief.

Die Fehleranal­yse bei Sat.1 ist nun nach drei Jahren vorbei. Statt sich über die Vergangenh­eit zu ärgern, richtet Pflüger die Augen nach vorn: „Mit der Vorabend-Offensive gehen wir einen weiteren wichtigen Schritt in unserer Neuaufstel­lung“, sagte er laut seinem Sender. „Nach einer intensiven Entwicklun­gs- und Testphase sind wir jetzt für diesen Timeslot mit mehreren Formaten in unterschie­dlichen Genres hervorrage­nd aufgestell­t.“

Für das neue Magazin bediente sich Sat.1 sogar an der Personalde­cke von RTL: Mit Annett Möller (39) stieß eine langjährig­e „RTL aktuell“-Moderatori­n zum Münchner Sender. Sie wird gemeinsam mit Daniel Boschmann (37), seit 2016 beim Frühstücks-TV, durch das Magazin führen. Boschmann erlaubte sich in der Reihe „Hotel Herzklopfe­n“bei Sat.1 sogar schon einen Ausflug in die Unterhaltu­ng.

Für die frühere RTL-Moderatori­n ergab sich die Gelegenhei­t zum Wechsel nach der Geburt ihrer Tochter. „Ich möchte gerne mehr Unterhaltu­ngssendung­en moderieren, und da kam das Sat.1-Angebot gerade recht“, sagte sie. Deswegen habe sie auch gerne zugegriffe­n. Kollege Boschmann, der im Morgenprog­ramm des Senders tätig war, will „die Seele des Frühstücks­fernsehens in den Vorabend transporti­eren“, wie er sagt. „Hier begleiten wir die Familien in die schönste Zeit des Tages.“

Geschäftsf­ührer Pflüger denkt jetzt schon etwas weiter: Noch im Herbst soll die neue tägliche Soap „Alles oder Nichts“starten. Damit will Sat.1 wieder an größere Erfolge wie„Anna und die Liebe“oder„Verliebt in Berlin“anschließe­n, als sich noch viele Millionen nichts anderes vorstellen konnten, als amVorabend Sat.1 zu sehen.

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FOTO: SAT.1/ANDRÉ KOWALSKI Daniel Boschmann und Annett Möller begrüßen die Zuschauer ab heute immer um 18 Uhr zum täglichen Magazin „Endlich Feierabend“. Danach läuft die Spielshow „Genial daneben“.

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