Wo die Knöpfe auf den Teller kommen
Das La Cottoneria in Mönchengladbach ist offenbar eng verwoben mit der Textilwirtschaft. Das ist kein Zufall, sondern Konzept.
Gut gelegen? Die Frage ist (wie so oft bei unseren Tipps) nicht so leicht mit einem Ja oder einem Nein zu beantworten. Idyllisch ist der Standort jedenfalls nicht, eher kühl im Sinne von klar designt und ungewöhnlich. Man sitzt schließlich in einem Gewerbegebiet und blickt auf das nur wenige hundert Meter entfernte Mönchengladbacher Fußballstadion, einige sehr moderne Gebäude stehen direkt nebenan. Und die Adresse lautet Hennes-Weisweiler-Allee. Eine nicht-repräsentative Umfrage unter zwei 19-Jährigen Fußballfans ergab: Keine Ahnung, wer das ist. Über 35-Jährige, zumal aus der Szene, sehen das natürlich anders: Der Erfinder der Fohlen-Elf (Wimmer, Netzer, Vogts, Heynckes) ist eine Ikone für jeden Kicker und die Stadt seiner Erfolge ehrte ihn mit diesem Straßennamen.
Wo waren wir? Ach ja – im La Cottoneria. Wer durch den Namen auf Baumwolle (Cotton) kommt, liegt richtig: Das Restaurant ist Teil der Firma van Laack, die nahe der Sportstätte sitzt und dort auch ein Ge- schäft betreibt. Es hat einen direkten Zugang zum Restaurant, das seine Nähe zum feinen Kleidungsmacher durch nette Gimmicks betont: Der Servietten-Halter ist ein winziger Hemdkragen oder eine Manschette, das Platz-Set zeigt den Schnitt eines schicken gestreiften Herrenhemdes. Zurück zur obigen Frage: Die Lage ist auf jeden Fall reizvoll, weil: ungewöhnlich. Nicht nur für solche, die vor oder nach dem Essen nebenan Kleidung kaufen wollen, denn das Beton-Loft-Ambiente mit offenen Leitungen und Rohren, ein Möbel-Mix aus Holz, Stahl und Eisen und Antik-Deko aus der Autowelt macht dem Auge Spaß. Also: Hinfahren, anschauen, essen, einkaufen!
Gut geschmeckt? Dieses Mal ist die Antwort kein Problem – sie lautet eindeutig ja. Wir ließen uns die elegante schwarze Karte erklären und bestellten dann – ohne jede Ahnung vom Umfang – drei gefüllte Bottoni („Knöpfe“), ein Beef Tartar, schwarze Nudeln mit gebratenen Jakobsmuscheln, gefüllte Gnocchi und gegrillten Lachs auf einem Gemüsebett.
Schon die Bottoni bestätigten unseren Eindruck, nicht in einem abgedrehten Gourmet-Tempel zu sein, bei dem die Portionen bei starkem Durchzug vom Teller wehen. Bottoni sind Teile der deftigen Küche der Region Emilia Romagna: Handtellergroßes Gebäck, das man entweder wie Brot als Beilage bekommt oder gefüllt mit Hackfleisch, geräuchertem Lachs an einer Lauchcreme oder Tomaten mit Mozzarella. Fazit: köstlich – und reichlich. Drei oder vier dieser Knöpfe, und die eigenen am Hemd fangen zu spannen an. Beef Tartar lassen wir uns immer gern reichen, weil man mit dieser an sich simplen Vorspeise sieht, wie ernst es der Küche ist mit der Qualität des Fleischs und dessen Verarbeitung. Es handelt sich ja um kleingehacktes, rohes Rindfleisch – das in diesem Zustand nur dann Freude macht, wenn es aus einem perfekten Stück erstellt ist. Wir hatten nichts zu beanstanden! Auch die Hauptspeisen hielten, was ihre Optik versprach: Die Gnocchi wa- ren kunstvoll mit einem würzigen Käse gefüllt, der Lachs perfekt auf den Punkt gegart und die schwarzen Nudeln mit den Jacobsmuscheln ein Teller purerWonne für den Gaumen. Dass die Pasta in einer Sahnesauce angerichtet war, entsprach allerdings nicht unserer Vorliebe – stattdessen in Olivenöl geschwenkt hätte die Portion weniger mächtig sein lassen.
Den Preis wert? Die Bottoni kosten pro Stück – je nach Füllung – zwischen vier und neun Euro. Das Beef Tartar steht mit zwölf Euro auf der Rechnung, der Lachs mit 24,90, die schwarzen Nudeln mit Jakobsmuscheln mit 16,90 und die Gnocchi mit 17,90 Euro. Wir tranken einen Grauen Burgunder aus Rheinhessen für 6,90 (0,2 l) und lernten beim Dessert, dass es die Knöpfe für sechs Euro auch mit einer süßen Füllung gibt. Dass diese Kalorienbombe trotz reichlich vorher genossener Leckereien noch Platz fand, spricht für ihre süße Überzeugungskraft. Insgesamt halten wir das Preis-Leistungs-Verhältnis für ok. Gut bedient? Der Service war zurückhaltend freundlich und kompetent, dabei sehr aufmerksam. Genau so, wie man es sich wünscht.
Überraschend? Trotz zahlreicher Reisen nach Italien und viel Erfahrung mit der Küche dieses Landes hatten wir von Bottoni noch nie gehört. Schade – wir hätten sie gerne viel früher kennengelernt.
Fazit Ein beglückter Gruß mit der Bitte, Pasta das Bad in Sahne zu ersparen und stattdessen Olivenöl zu nehmen. Oder beides anzubieten.
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