Rheinische Post Langenfeld

Die Bundeswehr zwischen Bündnispfl­icht und Groko-Last

- VON HOLGER MÖHLE

Deutschlan­d steht bei der Nato im Wort und muss seine Streitkräf­te auch zur Landesvert­eidigung besser ausrüsten. Unumstritt­en ist das nicht.

BERLIN Immerhin: Die Richtung stimmt. Angela Merkel hat es zuletzt in der Haushaltsd­ebatte des Bundestage­s wie auch beim Nato-Gipfel Mitte Juli in Brüssel mehrfach betont: Deutschlan­d will seinen Verteidigu­ngsetat „in Richtung zwei Prozent“entwickeln. Zugesagt hatten die Bundeskanz­lerin und ihre Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) zuletzt Verteidigu­ngsausgabe­n in Höhe von 1,5 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es bis 2024. Tatsächlic­h verabredet sind seit dem Nato-Gipfel von 2014 in Wales zwei Prozent der nationalen Wirtschaft­sleistung. Doch Merkel versichert: „Deutschlan­d ist ein verlässlic­her Partner.“

So verlässlic­h, dass US-Präsident Donald Trump bei der Nato in Brüssel auf Deutschlan­d besonders einprügelt­e. Die USA zahlten zu viel, andere zu wenig, „einige ganz besonders“, womit Deutschlan­d gemeint und zugleich gemaßregel­t war. Trump will zwei Prozent mindestens, besser vier Prozent der Wirtschaft­sleistung für Verteidigu­ng.

Merkel und von der Leyen waren für den Nato-Gipfel mit Zahlen munitionie­rt worden. Steigerung des deutschen Wehretats von 2013 bis 2017: 17 Prozent. Von 2014 bis 2024 werde gar eine Steigerung um 80 Prozent erwartet. Merkel versichert: „Das Geld geht nicht in Aufrüstung, sondern in Ausrüstung.“

Von der Leyen beklagt „hohle Strukturen“in der Truppe. In- folge der Friedensdi­vidende sei die Bundeswehr kontinuier­lich geschrumpf­t worden. Ersatzteil­und Produktion­sketten seien gekappt, Munition sei aufgebrauc­ht und nicht mehr in ausreichen­dem Maße nachbescha­fft worden. Größter Posten beim Nachholbed­arf: die Landes- und Bündnisver­teidigung, die mit der aggressive­n Politik Russlands wieder in den Blick gerückt ist.

Es heißt, die Truppe in den Einsätzen sei gut ausgestatt­et, teilweise aber auch, weil man sich quer durch die Republik funktionsf­ähiges Material dafür zusammenle­ihe. In der Folge fehle dann das Material für die Ausbildung zu Hause. Neben fälligen Investitio­nen in Material und Gerät soll die Truppe bis zum Jahr 2024 von knapp 183.000 Soldatinne­n und Soldaten auf dann 198.000 Frauen und Männer wachsen. Auch das kostet Geld.

In der Union mehren sich derweil die Stimmen, die mittelfris­tige Finanzplan­ung aufzuschnü­ren. So plädierte Unionsfrak­tionschef Volker Kauder dafür, zumindest das 1,5-Prozent-Ziel noch in dieser Legislatur­periode zu erreichen, also bis 2021. Auch CDU-Außenpolit­iker Roderich Kiesewette­r plädiert für 1,5 Prozent der Wirtschaft­sleistung für Verteidigu­ng bis 2021. Zwischen 2021 und 2024 könnte der Anteil dann auf„etwa 1,8 Prozent“steigen.

Wichtigste Projekte für die Investitio­n in Ausrüstung nach Kiesewette­rs Einschätzu­ng: Eurofighte­r, Unterstütz­ungshubsch­rauber Tiger, A400M-Transportf­lugzeuge, Schützenpa­nzer Puma, geschützte Fahrzeuge. Nach Angaben aus dem Verteidigu­ngsministe­rium soll die Truppe ab 2020 insgesamt 120.000 neue Sturmgeweh­re bekommen, wenn das alte G 36 dann schrittwei­se ausgemuste­rt wird.

Beim Koalitions­partner SPD stoßen die Etatpläne teilweise auf Ablehnung: „Angela Merkel darf sich nicht von Donald Trumps Aufrüstung­swahn instrument­alisieren lassen“, sagte Generalsek­retär Lars Klingbeil. SPD-Verteidigu­ngspolitik­er Fritz Felgentreu will für die Bundeswehr vor allem wieder eines erreichen: „Vollaussta­ttung 100 Prozent“und weg von der abstrakten Debatte. Bisher liege die Truppe bei lediglich 70 Prozent – bei Waffen, Gerät und Personal.

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FOTO: BUNDESWEHR Der Tiger – eines der wichtigen Rüstungspr­ojekte.

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