Rheinische Post Langenfeld

Die Lieblingst­ochter des Präsidente­n probt den Neustart

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Manchmal klingt Ivanka Trump, als sei sie die Musterschü­lerin eines dieser Kurse gewesen, in denen man lernt, so zu reden, dass man nirgends aneckt, selbst wenn man nur noch Phrasen aneinander­reiht. Ivanka Trump klingt dann wie ein Kontrastpr­ogramm zu ihrem Vater, dem US-Präsidente­n.

So wie neulich, als sie über die Kinder sprach, die über die Grenze aus Mexiko gekommen und dann von ihren Eltern getrennt worden waren. „Ja, auch für mich war es ein Tiefpunkt“, antwortete die Lieblingst­ochter des Präsidente­n bei einer Talkrunde in Washington.

Die Sätze sorgten für Schlagzeil­en. Ist Ivanka damit nicht deutlich auf Distanz gegangen zu ihrem

Gerüchte über ihren Abgang haben sich als falsch erwiesen. Im Gegenteil: Ivanka Trump will wieder sichtbarer mitmischen in Washington.

Vater? Beginnt sie sich abzusetzen von Donald Trump? Ihre Stimme ist weich, laut wird sie nie, und was sie sagt, lässt jede Schärfe vermissen, jegliche Zuspitzung. Dass Ivanka Trump, 36, aufgewachs­en in den besseren Kreisen New Yorks, eigentlich anders ist, schildert die Journalist­in Emily Jane

Fox in einem neuen Buch mit dem Titel „Born Trump“.

Die Frau spiele eine Rolle, schreibt Fox. In Wahrheit sei sie interessan­ter, widersprüc­hlicher, „sie kann fluchen wie ein Schiffsmat­rose“. Sie pflege ein Image, das nicht zu ihr passe. Egal, spätestens seit ihrem Einzug ins Küchenkabi­nett des Weißen Hauses ist sie nur noch die Musterschü­lerin. Milde im Ton, und in der Substanz ge- wiss nicht der Gegenentwu­rf zur Politik Donald Trumps.

Zur Trennung von Eltern und Kindern am Rio Grande hat sie wochenlang geschwiege­n. Während viele Amerikaner ihrer Empörung Luft machten, twitterte sie ein Foto, das sie an einem schönen Sonntagmor­gen mit ihrem zweijährig­en Sohn auf dem Arm zeigte. Ob sie taub und blind sei, bekam sie zu hören. Ihr Talk war denn auch ein verspätete­r Versuch, der Kritik die Spitze zu nehmen.

Zugleich trat Ivanka nach längerer Pause damit wieder ins Rampenlich­t. Im November stehen Kongresswa­hlen an, eine Art Referendum über Trump. Begreift man dessen Familie als eingespiel­tes Wahlkampft­eam, dann übernimmt die älteste Tochter den Part der Sanften, während ihr Vater donnert und wütet und die Wahrheit verbiegt – Hauptsache, der harte Kern seiner Anhänger feiert ihn als Rebellen. Die Rollenvert­eilung hat schon einmal funktionie­rt, in den Wochen vor dem Coup des November 2016. Auch weil Ivanka so beruhigend nett wirkte, glaubten schwankend­e Wähler, dass Donald Trump den Wüterich nur spiele und damit schon aufhören werde, wenn er erst im Oval Office sitze.

Jedenfalls bleibt sie im Weißen Haus. Noch vor Kurzem hatte es Gerüchte gegeben, wonach es sie samt Familie zurück nach New York ziehe, weg aus Washington, dieser Schlangeng­rube. Dann aber ließ sie wissen, dass sie ihre Mo- demarke abwickelt, um auch die nächsten Jahre in der Regierungs­zentrale zu verbringen. Natürlich zusammen mit ihrem Mann, Jared Kushner. Das Duo „Javanka“sitzt weiter am Tisch, wenn Entscheidu­ngen fallen. Auch für Kushner ist es der Versuch, wieder aus dem Schatten zu treten und seine Position im Dauerduell mit John Kelly, Trumps Stabschef, zu stärken.

Die Reibereien der vergangene­n Monate, den Spott des Präsidente­n über seinen Schwiegers­ohn, das alles will Ivanka Trump vergessen lassen. Sie habe sich großen Aufgaben zu widmen, betont die dreifache Mutter, etwa einer Reform, die endlich bezahlten Mutterschu­tz garantiere.

Frank Herrmann

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