Erst Uni, dann Azubi
Am 1. August startete das neue Ausbildungsjahr. Während die Bewerberzahl in NRW sinkt, brauchen die Firmen mehr Nachwuchs. Dort passt man die Lehre an die Digitalisierung an – und bekommt immer mehr Studienabbrecher.
DÜSSELDORF Das neue Ausbildungsjahr beginnt mit guten Nachrichten und schlechten Prognosen. Zum 1. August haben 55.000 junge Menschen in NRW eine Ausbildung begonnen. Das sind knapp 1500 mehr als 2017 – und das trotz rückläufiger Zahlen bei den Schulabgängern. Doch das darf nicht täuschen. Bei den Unternehmen gehen immer weniger Bewerbungen ein. 37.000 Ausbildungsplätze in NRW sind unbesetzt. Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) bekam ein Drittel aller Unternehmen hierzulande keine einzige Bewerbung. Die Ausbildung steckt in der Krise.
Viele Jugendliche wollen heute nach der Schule lieber an die Universität. „Eine akademische Laufbahn ist in den Köpfen von jungen Leuten immer noch die Erfolgsbiografie“, sagt eine Sprecherin der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit. Viele Studenten landen am Ende wieder in den Beratungen der Arbeitsagentur. Denn immer mehr junge Menschen brechen ihr Studium ab und entscheiden sich später doch für eine Ausbildung. Der Anteil der Bewerber ab 25, die über die Arbeitsagentur einen Ausbildungsplatz suchen, stieg im Vergleich zum Vorjahr um 11,6 Prozent. „Viele Studenten zweifeln heute an ihrem Studium und fragen sich, ob das wirklich das Richtige für sie ist“, sagt die Sprecherin der Regionaldirektion NRW.
Die Arbeitsagentur zählte für das aktuelle Ausbildungsjahr in NRW mehr als 124.000 Bewerber. Die Zahl nahm in den vergangenen Jahren stetig ab. 2013 suchten noch rund 132.000 Schulabgänger mit Hilfe der Arbeitsagentur nach einem Ausbildungsplatz. Gleichzeitig stieg die Zahl der ausgeschriebenen Stellen von etwa 96.000 (2013) auf mehr als 107.000 (2018).„Die Generation der Babyboomer wird bald in den Ruhestand gehen.Viele Unternehmen suchen deshalb händeringend Nachwuchs“, sagt die BA-Sprecherin. Das ist nicht immer leicht. 33.000 sind noch auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz – obwohl in diesem Jahr etwa genau so viele Plätze übrig geblieben sind. „Die Stellen sind nicht immer dort, wo sich die jungen Leute umschauen. Oft passen die Interesse beider Seiten auch nicht zusammen“, so die Sprecherin weiter. Beispielsweise seien Gastronomie und Pflege weniger beliebt. Kfz-Betriebe können dagegen Lehrstellen meist schneller besetzen.
Unternehmen stehen nicht nur wegen des demografischen Wandels vor Herausforderungen, auch die Digitalisierung verändert die Ausbildungsbranche. In diesem Jahr ist ein neuer Beruf entstan-
Nina Althoff ( 18) den: Erstmals können sich Schulabgänger zu Kaufleuten im E-Commerce ausbilden lassen – der erste neue kaufmännische Beruf seit zehn Jahren. 269 Azubis in NRW haben sich bisher für die neue Ausbildung entschieden. 25 weitere Ausbildungsberufe wurden darüber hinaus überarbeitet, um sie dem technischen Fortschritt anzupassen. Dazu zählen Anlagenmechaniker, Chemikanten und Fachinformatiker. „Unser Ausbildungsprogramm