Rheinische Post Langenfeld

Immer heißer, immer öfter

- VON PHILIPP JACOBS

ANALYSE Einzelne Extremwett­er-Ereignisse wie die derzeitige Hitzeperio­de lassen zwar keine Rückschlüs­se auf den Klimawande­l zu, doch sind sich die Forscher weitgehend einig: Heftige Hitzephase­n und Starkregen werden häufiger.

Bei Temperatur­en nicht weit der 40 Grad entfernt ächzten weite Teile Deutschlan­ds in den vergangene­n Tagen unter der Hitze. Die Bäume warfen ihre Blätter ab wie im Herbst, die Felder vertrockne­ten, Mensch und Tier schielten nur auf das nächste schattige Plätzchen.Weizen wurde um 25 Prozent teurer, während die Preise für Fleisch in manchen Regionen kurzzeitig sanken, weil Vieh aufgrund mangelnden Futters früher geschlacht­et werden musste.

Ursache dieser heftigen Trockenpha­se ist unter anderem ein hartnäckig­es Hochdruckg­ebiet, das sich über Großbritan­nien und Skandinavi­en breitgemac­ht hat. Regenbring­ende Tiefdruckg­ebiete prallen daran ab und werden so in weiten Schleifen um den Kontinent herumgelei­tet. Eine morgendlic­he Fernsehsho­w verdeutlic­hte diesen Effekt, indem man einen„Reporter“in Football-Kluft gegen eine ebenso gekleidete, aber durchaus breitere menschlich­e Abwehrreih­e laufen ließ. Albern, ja, traf das Geschehen über unseren Köpfen aber ganz gut.

Glückliche­rweise sollen die Temperatur­en nun wieder etwas sinken. Die heißen Tage brachten Deutschlan­d zwar nicht an den Rand eines nationalen Notstands, doch kann man sich ausmalen, was eine längere und ebenso heiße Trockenzei­t für Mensch und Tier in unseren Breitengra­den bedeuten würde. Aber waren dieWettere­reignisse der vergangene­n Tage nur ein Ausrutsche­r in einem eigentlich eher gewöhnlich­en Sommer? Oder sind es Symptome des Klimawande­ls, den der Poltergeis­t im Weißen Haus so gerne leugnet?

Mit dem Wetter ist es so eine Sache. Zahlreiche Bauernweis­heiten wie „Gibt‘s im Juni Donnerwett­er, wird g‘wiss das Getreide fetter“erwecken den Eindruck, man könne das Wetter leicht vorhersage­n.Wenn A im Zeitraum B eingetrete­n ist, dann folgt daraus C. So einfach ist es nur leider nicht. Das Wetter für eine gesamte Woche genau vorherzusa­gen, ist für Meteorolog­en schon eine Herausford­erung. Da wundert es nicht, dass sich die Forscher schwer damit tun, Wettererei­gnisse wie einzelne Hitzeperio­den und Starkregen dem Klimawande­l zuzuschrei­ben.

Trotzdem ist sich die Wissenscha­ft weitgehend einig: ExtremesWe­tter wird häufiger. „Was einst als ungewöhnli­ch warmes Wetter galt, wird ganz normal – in einigen Fällen ist das schon jetzt so“, kommentier­te jüngst Friederike Otto von der Universitä­t Oxford die Ergebnisse einer Studie des Netzwerks World Weather Attributio­n, das sich mit dem Zusammenha­ng von Klima und Wetter beschäftig­t.

Die Wissenscha­ftler haben Daten aus insgesamt sieben Wetterstat­ionen in Dänemark, Irland, den Niederland­en, Norwegen, Finnland und Schweden untersucht. Sie wählten diese Stationen aus, weil sie Daten in Echtzeit lieferten und über digitalisi­erte Archive verfügten, die teils bis in die frühen Jahre des 20. Jahrhunder­ts zurückreic­hten. Die Forscher schauten sich die wärmsten drei aufeinande­rfolgenden Tage eines jeweiligen Jahres an und ermittelte­n, ob sich ein Trend aus den Daten ablesen lässt. Für vier nördliche Stationen waren Wahrschein­lichkeiten schwer zu berechnen, da die Temperatur­en von Jahr zu Jahr sehr schwankten. Aber für drei Stationen weiter südlich – in den Niederland­en, Dänemark und Irland – fanden die Forscher einen Zusammenha­ng.

Die Berechnung­en zeigten demnach, „dass der Klimawande­l allgemein die Chance auf die derzeitige Hitzewelle mehr als verdoppelt hat“, sagte Geert Jan van Oldenborgh vom Royal Netherland­s Meteorolog­ical Institute. Die Forscher gingen bei ihren Untersuchu­ngen also den umgekehrte­n Weg. Sie fragten nicht, ob ein bestimmtes­Wettererei­gnis auf den Klimawande­l zurückzufü­hren ist, sondern ob die globale Erwärmung

„Was einst als ungewöhnli­ch warmes Wetter galt, wird

ganz normal“

Friederike Otto

Universitä­t Oxford

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