Rheinische Post Langenfeld

Prozess: Schlüsseld­ienst-Chefs verurteilt

- VON SINA ZEHRFELD

Wegen Kundenbetr­ugs sind zwei Geschäftsf­ührer in Kleve zu mehreren Jahren Haft verurteilt worden.

GELDERN/KLEVE Sechseinha­lb Jahre Haft verhängte das Landgerich­t Kleve gegen einen 58-Jährigen aus Geldern, drei Jahre und neun Monate gegen einen 39-Jährigen aus Weeze – für unter anderem gewerbsmäß­igen Bandenbetr­ug und Steuerhint­erziehung.

Mit einem betrügeris­chen Schlüsseld­ienst-Imperium, der „Deutschen Schlüsseld­ienst Zentrale“mit Sitz in Geldern, haben die Männer laut dem Urteil des Gerichts zwischen 2007 und Mitte 2016 rund 66 Millionen Euro Umsatz erwirtscha­ftet.

Sie hatten bundesweit mit Anzeigen für Schlüsseld­ienste geworben, die den Eindruck erweckten, man habe es mit ortsansäss­igen Betrieben zu tun. Es handelte sich aber um teils frei erfundene Adressen und willkürlic­h gewählte Namen. Über verschiede­ne Telefonnum­mern, auch mit Ortsvorwah­len, wurden die Anrufer umgeleitet. Sie landeten im Callcenter in Geldern, das dann Monteure losschickt­e.

Die Kunden wurden systematis­ch und planvoll hinters Licht geführt, so die Auffassung des Gerichts. „Sie täuschten bundesweit, bis ins kleinste Kaff hinein, ortsansäss­ige Schlüsseld­ienstbetri­ebe vor, die es gar nicht gibt“, hielt Richter Christian Henckel den Angeklagte­n in seiner Urteilsbeg­ründung vor. Für Material wie Schlösser oder Beschläge seien „Wucherprei­se“berechnet worden, ebenso wie für die Leistungen an sich. Damit sie zahlen, seien Kunden „zum Teil durch Monteure massiv bedrängt“worden. Diese seien überwiegen­d nicht ausgebilde­t gewesen: „Das, was die am besten konnten, war die Preisgesta­ltung.“

Wären die Anzeigen nicht betrügeris­ch gewesen, hätten sie anders aussehen müssen, so Richter Henckel. „Da hätte stehen müssen: ,Wir sind alle garantiert nicht ortsansäss­ig.’ Da hätte stehen müssen: ‚Alle Preise sind höher als ortsüblich’“, führte er aus.

Ihr unübersich­tliches Gebilde aus unterschie­dlichsten Firmen hätten die Angeklagte­n aufgebaut, um ihre Masche zu verschleie­rn. Dieses habe unter anderem dazu gedient, Gelder hin und her zu schieben.

Die Männer wurden zudem wegen Vorenthalt­ens von Arbeitsent­gelt und Einbehalte­ns von Lohnnebenk­osten verurteilt. Denn die Monteure, die zu den Kunden herausfuhr­en, wurden als selbststän­dige Unternehme­r geführt. Nach Auf- fassung des Gerichts waren sie aber scheinselb­stständig. Und sie mussten zwischen 50 und 70 Prozent ihrer Einnahmen abgeben.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig. Die Verteidige­r beider Angeklagte­n haben angekündig­t, in Revision zu gehen. Nachdem der 39-Jährige aus Weeze bereits zwei Jahre in Untersuchu­ngshaft verbracht hat, wurde der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt. Unter Auflagen ist er auf freiem Fuß.

Der 58-Jährige aus Geldern ist bereits im Jahr 2004 für eine ähnliche Masche zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er bleibt in Haft. Gegen ihn läuft nämlich parallel ein Verfahren wegen Anstiftung zum Mord. Er soll versucht haben, aus der Untersuchu­ngshaft heraus für 30.000 Euro die Tötung des Staatsanwa­ltes in Auftrag zu geben.

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