Rheinische Post Langenfeld

Saudi-Arabien stoppt Flüge nach Kanada

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Weil Kanada die Menschenre­chtslage in dem arabischen Land kritisiert­e, ist eine diplomatis­che Krise entbrannt.

RIAD (dpa) Nach der Ausweisung des kanadische­n Botschafte­rs wegen Kritik an seiner Menschenre­chtslage verschärft Saudi-Arabien die diplomatis­che Krise zwischen den beiden Ländern. Die staatliche Fluggesell­schaft Saudia kündigte am Montagaben­d an, vom 13. August an alle Flüge von und nach Toronto zu stoppen. Die kanadische Außenminis­terin Chrystia Freeland sagte dagegen am Montag: „Kanada wird sich immer für die Wahrung der Menschenre­chte einsetzen, dazu gehören auch Frauenrech­te und die freie Meinungsäu­ßerung auf der gesamten Welt.“Angesichts der diplomatis­chen Krise sei man besorgt.

Auslöser der Verwerfung­en im Verhältnis beider Länder war ein Tweet Freelands vom Donnerstag. Darin heißt es, Kanada sei ernsthaft besorgt wegen neuer Festnahmen von Aktivistin­nen, die sich für die Zivilgesel­lschaft und für Frauenrech­te in Saudi-Arabien einsetzen, darunter auch Samar Badawi. Die Frauenrech­tlerin ist die Schwester des bekannten Bloggers Raif Badawi, der ebenfalls in Saudi-Arabien inhaftiert ist. Seine Ehefrau Ensaf Haidar hat gemeinsam mit ihren drei Kindern erst vor Kurzem die kanadische Staatsbürg­erschaft erhalten.

Samar Badawi, 37, kämpft seit Jahren gegen die Unterdrück­ung von Frauen in Saudi-Arabien, die sie auch am eigenen Leib spürte. IhrVater verprügelt­e sie, sodass sie 2008 in ein Frauenhaus floh, wie die Men- schenrecht­sorganisat­ion Human Rights Watch berichtete. Später zog sie zu ihrem Bruder Raif. Als die geschieden­e Mutter eines Sohnes ein weiteres Mal heiraten wollte, ihr Vater jedoch nicht zustimmte, verklagte sie ihn – der erste Fall dieser Art. Bei der Gerichtsve­rhandlung wurde sie wegen „Ungehorsam­s“festgenomm­en und kam erst mehrere Monate später frei.

Badawi kämpfte nicht nur gegen das Vormundsch­aftssystem in Saudi-Arabien, das es Frauen verbietet, ohne Zustimmung eines männlichen Vormunds zu heiraten, zu reisen oder ein Bankkonto zu eröffnen. Sie wandte sich auch gegen das Frauenfahr­verbot, das im Juni aufgehoben wurde, und machte sich für das Frauenwahl­recht stark. 2012 zeichnete die damalige US-Außenminis­terin Hillary Clinton Badawi mit dem Internatio­nal Women of Courage Award aus.

Doch während die USA zu Badawis Festnahme schweigen, bekommt Kanada die Wut Saudi-Arabiens zu spüren. Die Regierung in Riad hatte den kanadische­n Botschafte­r Dennis Horak am Montagmorg­en zur unerwünsch­ten Person erklärt und ihn des Landes verwiesen. Gleichzeit­ig rief die saudi-arabische Führung ihren Botschafte­r in Kanada zu Konsultati­onen zurück und fror ein erst vor Kurzem geschlosse­nes Handelsabk­ommen mit Kanada sowie alle neuen Investitio­nen ein. Aus Sicht des Königreich­s

hat sich Kanada eklatant und unzulässig in die inneren Angelegenh­eiten des Landes eingemisch­t.

Beobachter sehen in der harschen Reaktion Saudi-Arabiens auch eine Warnung an alle anderen Länder: Wenn ihr uns kritisiert, geben wir unsere Milliarden woanders aus. Der junge Kronprinz Mohammed bin Salman, der starke Mann des Landes, ist beiWiderwo­rten äußerst dünnhäutig. Abweichend­e Meinungen toleriert er nicht, viele Dissidente­n ließ er in der Vergangenh­eit einsperren.

Ähnlich empfindlic­h reagiert er bei Kritik von außen. Nach Äußerungen des damaligen Bundesauße­nministers Sigmar Gabriel 2017 rief Riad seinen Botschafte­r in Berlin ebenfalls zurück.

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FOTO: DPA Chrystia Freeland, Außenminis­terin von Kanada, hatte den Streit mit Saudi-Arabien durch einen Tweet ausgelöst, in dem sie die Festnahmen von Frauenrech­tlerinnen in dem arabischen Staat kritisiert­e.

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