Widerrufsrecht beim Kauf am Messestand
LUXEMBURG (dpa) Verbraucher haben nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Dienstag bei Käufen an Messeständen unter Umständen ein Widerrufsrecht. Dabei komme es auf das Erscheinungsbild des Messestandes an, urteilten die Luxemburger Richter am Dienstag (Rechtssache C-485/17) und entschieden damit den Streit zwischen einem Anbieter und der Verbraucherzentrale Berlin.
Konkret geht es um den Fall eines Ausstellers, der auf der Messe „Grü- ne Woche“in Berlin einen Dampfstaubsauger für 1600 Euro an einen Kunden verkauft hatte, ohne ihn über ein Widerrufsrecht zu belehren. Nach geltendem EU-Recht könnenVerbraucher in der Regel innerhalb von 14 Tagen ohne Angaben von Gründen von einem Kauf zurücktreten, wenn sie die Ware oder Dienstleistung online oder außerhalb eines Geschäfts gekauft haben. Wenn der Verkauf jedoch in einem Geschäft stattfand, gilt dieses Widerrufsrecht nicht. Viele Geschäfte akzeptieren aber freiwillig den Umtausch oder die Rückgabe von Waren durch den Verbraucher innerhalb einer bestimmten Zeit.
In dem Fall galt es nun zu klären, ob Messestände als Geschäftsräume gelten können. Aus Sicht des obersten Gerichts in der Europäischen Union ist dies der Fall, wenn sich ein Messestand „in den Augen eines Durchschnittsverbrauchers als ein Ort darstellt, an dem der Unternehmer, der ihn innehat, seine Tätigkeiten, einschließlich saisona- ler, für gewöhnlich ausübt, so dass ein solcher Verbraucher vernünftigerweise damit rechnen kann, dass er, wenn er sich dorthin begibt, zu kommerziellen Zwecken angesprochen wird“. Es kommt also darauf an, ob für den Kunden klar ersichtlich ist, dass es sich beim Verkaufsort um einen Verkaufsstand des Anbieters handelt.
Dem Verbraucher stehe das Widerrufsrecht deshalb zu, weil er sich außerhalb von Geschäftsräumen vom Unternehmer psychisch unter Druck gesetzt fühlen kann. Denn dort muss ein Verbraucher nicht ohneWeiteres damit rechnen, dass ihm einVerkäuferWaren anbietet, die Initiative zu den Vertragsverhandlungen geht in der Regel vom Unternehmer aus. Der Verbraucher ist auf die Vertragsverhandlungen nicht vorbereitet und hat häufig keine Möglichkeit, Qualität und Preis des Angebots mit anderen Angeboten zu vergleichen. Das Widerrufsrecht soll ihn damit vor unüberlegten Vertragsabschlüssen schützen.