Krankenhaus vergisst tote Frühchen
Verstorbene Zwillingssäuglinge konnten erst nach drei Wochen beerdigt werden.
GELSENKIRCHEN (ubg) Es gibt Momente, die Pfarrerin Zuzanne Hanussek in ihrem Beruf nicht leicht fallen. Erst kürzlich musste sie Zwillingsfrühchen beerdigen. „Es ist schlimm, ihre winzigen Särge zu sehen und zu wissen, dass es niemanden gibt, der um sie trauert.“
Die Eltern hatten die toten Säuglinge kurz nach der Geburt im Krankenhaus zurückgelassen. Und die Klinik hat sie zunächst vergessen, so dass die Frühchen statt nach den vorgeschriebenen zehn Tagen erst nach dreiWochen beerdigt werden konnten. Zuerst hatte die Funke Mediengruppe berichtet.
Die Frühchen wurden am 25. und 28. Juni im Marienhospital geboren. Die Ärzte gehen davon aus, dass sie in der 21. oder 22. Schwangerschaftswoche auf die Welt gekom- men sind – mit einem Gewicht von 420 und 460 Gramm. „Bei dem Gewicht waren die Überlebenschancen gering“, sagt ein Kliniksprecher auf Anfrage. Die Frühchen seien innerhalb von einer Stunde nach der Geburt gestorben. Die Mutter verließ die Klinik ohne ihre Kinder. Eine Kontaktaufnahme war nicht möglich. „Die Frau hat falsche Angaben zu ihrem Namen und ihrem Wohnort gemacht“, sagt der Sprecher.
Das Bestattungsgesetz in Nordrhein-Westfalen sieht für Lebendgeburten vor, dass die Beerdigung innerhalb von zehn Tagen durchgeführt werden muss. „In diesem einen Fall hat das nicht geklappt, die Frühchen blieben länger in unserer Obhut.“Erst nach etwa dreiWochen sei das einem Mitarbeiter aufgefallen, der daraufhin unverzüglich das Amt informierte. Die Klinik bedauere diesen Fehler sehr. Klare Verfahrensanweisungen seien durch einen individuellen Fehler nicht eingehalten worden, sagte Sönke Thomas, Verwaltungsdirektor des Marienhospitals. Die Klinik werde ihre Abläufe und Vorgaben überprüfen. Thomas betont, dass der würdevolle Umgang mit dem Thema Leben und Tod für sie sehr wichtig sei. Gegen das Marienhospital wurde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.
Bevor die Zwillingsfrühchen beerdigt wurden, hat ihnen Pfarrerin Zuzanna Hanussek die Namen Gabriel und Raphael gegeben. Das wird auf dem künftigen Grabstein der Frühchen stehen – ermöglicht wird das durch denVerein„Ruhesteine“, den die Pfarrerin gegründet hat.