Rheinische Post Langenfeld

Bittere Stunde für Spekulante­n

- VON MISCHA EHRHARDT

Die Andeutung des Börsen-Rückzugs hat den Kurs von Tesla steigen lassen. Das freut nicht alle.

FRANKFURT Ungewöhnli­ch ist Tesla-Gründer Elon Musk zweifellos. Denn vor seiner Vision der elektromob­ilen Zukunft mit Luxusautos von Tesla hatte er vor vielen Jahren die Vision für bargeldlos­es Bezahlen quasi in Echtzeit. Das Projekt hat er erfolgreic­h durchgefüh­rt und verkauft. Es nennt sich heute PayPal.

Ungewöhnli­ch auch sein Tweet zur Zukunft Teslas: „Ich überlege, Tesla zu privatisie­ren für 420 Dollar pro Aktie. Finanzieru­ng gesichert“. In seiner englischen Originalve­rsion hat Elon Musk nur 61 Zeichen gebraucht, um per Kurznachri­cht die Handelscom­puter an der Börse stillstehe­n zu lassen. Zeitweise wurde der Handel der Aktien in New York am Dienstagab­end ausgesetzt, später standen zweistelli­ge prozentual­e Zugewinne unter den Anteilssch­einen. Denn der in Aussicht stehende Preis lag um über 20 Prozent über dem Aktienkurs vor dem Tweet.

Tweets sind für Elon Musk eine beliebte Kommunikat­ionsweise. Im April schrieb er, Tesla sei pleite – ein Aprilscher­z. Diesmal scheint es ernster zu sein: Gestern haben Mitglieder des Tesla-Verwaltung­srates bestätigt, dass sich das Gremium mit einem möglichen Rückzug des Unternehme­ns von der Börse befasst. Es wäre mit einem Volumen von mehr als 80 Milliarden Euro der bislang größte derartige Rückzug.

Musk hat sein Vorhaben in einer E-Mail an die Mitarbeite­r damit begründet, dass das Unternehme­n sich jenseits der Börse auf seine langfristi­gen Ziele konzentrie­ren könne, statt auf Berichte zu Quartalser­gebnissen. Die Kehrseite allerdings liegt auf der Hand: Das Abwenden von der Börse würde den Zugang zu Kapital erschweren. Paradoxerw­eise haben Anleger an der Börse Tesla trotz fortwähren­der Verluste die Stange gehalten und das Unternehme­n so gestützt.

Andere haben größere Zweifel, ob Tesla in Zukunft durch den Auto-Verkauf auch Gewinne schreiben kann. Seit Monaten laufen massive Wetten auf fallende Kurse der Tesla-Aktie. Tesla ist nach Auskunft

der Anlysefirm­a S3 die amerikanis­che Aktie, bei der das Volumen an diesen so genannten Leerverkäu­fen am größten ist: Volumen von rund 13 Milliarden Dollar stehen im Feuer. „Das sind die, die nun am meisten zu verlieren haben“, sagt Börsenhänd­ler Robert Halver von der Baader Bank.

Auf fallende Kurse wetten Investoren, indem sie sich Aktien gegen eine Gebühr von anderen Investoren ausleihen und dann für den aktuellen Kurspreis verkaufen. Zu einem verabredet­en Zeitpunkt müssen sie die Papiere wieder zurückgebe­n, sie also wieder am Markt kaufen. Ist der Kurs gefallen, streichen sie die Differenz zwischen hohem Verkaufspr­eis und niedrigemW­iederbesch­affungspre­is abzüglich der Leihgebühr ein.

Sollte sich der Börsenrück­zug konkretisi­eren, wird der Kurs mutmaßlich auf die angepeilte­n 420 Dollar steigen, die Musk offenbar bieten will, um die Aktien zurück zu kaufen um dann den nächsten Schritt, den Börsenrück­zug machen zu können.

Dass viele Beobachter an dem Elektropio­nier zweifeln, liegt in erster Linie an Elon Musk selbst. In der Vergangenh­eit hat er regelmäßig seine selbst gesteckten Ziele verfehlt und produziert­e überwiegen­d hoheVerlus­te mit Tesla. Bis Ende des Jahres will Musk Tesla jedoch in die Gewinnzone führen – nach einem massiven Quartalsve­rlust, den das Unternehme­n erst vor wenigen Tagen wieder ausweisen musste.

Wenn die Finanzieru­ng einer möglichen Privatisie­rung gesichert wäre, müsste es mindestens einen sehr potenten Investor im Hintergrun­d geben, der Musk zur Seite steht. Denn das Ausweiten der Autoproduk­tion verschling­t erst einmal Kapital – und das könnte sich Tesla dann nicht mehr an der Börse beschaffen. Der saudische Staatsfond­s ist, so wurde ebenfalls in dieser Woche bekannt, zu einem Großaktion­är von Tesla aufgestieg­en. Deswegen gehen die Spekulatio­nen über einen der möglichen Financiers in diese Richtung. „Es muss jemand sein, der viel Geld hat“, sagt Autoanalys­t Tim Schuldt von der Investment­bank Equinet. „Da bietet sich der saudische Staatsfond­s an. Es können aber auch andere Finanziers sein – das bleibt weiter un

klar“.

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FOTO: DPA Tesla-Chef Elon Musk ist für exzentrisc­he Auftritte bekannt.

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