Neuartige Fundamente für Windräder schonen Schweinswale
HAMBURG (dpa) Leisere Bauarbeiten unter Wasser: In der Nordsee sollen neue Fundamente fürWindräder im kommerziellen Betrieb erprobt werden, die ohne Rammarbeiten und größere Lärmbelästigungen für die empfindlichen Schweinswale auskommen. Der kanadische Energiekonzern Northland Power, der 95 Kilometer nordwestlich von Borkum weit draußen auf dem Meer den Windpark „Deutsche Bucht“mit 31 Turbinen baut, wird zwei zusätzliche Windräder auf sogenannten Saugeimer-Fundamenten errichten. Eine entsprechende Genehmigung durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) liege seit Mai vor, wie Northland Power mitteilte.
Die beiden„Eimer“in demWindpark sind 61 Meter hohe Stahlkonstruktionen mit einem Gewicht von 1100 Tonnen. An ihrem unteren Ende bilden sie einen offenen Zylinder mit einem Außendurchmesser von 19 Metern. Der Zylinder wird auf dem Meeresboden aufgesetzt und das Wasser herausgepumpt. Durch den Unterdruck und sein Eigengewicht gräbt sich das Eimer-Fundament bis zu 18 Meter tief in den Meeresboden. Darauf kommen ein Zwischenstück und die Windturbine mit 8,4 Megawatt Leistung. Die Arbeiten sind für das zweite Quartal 2019 geplant.
Bislang ist die meistverbreitete Technik, einen schweren Stützpfeiler im Meer zu verankern, der das Windrad trägt. Der Stahlträger wird mit einem hydraulischen Hammer in den Meeresboden getrieben. Bei einem Rammstoß entsteht Lärm von mehr als 180 Dezibel, deutlich mehr als bei einem startenden Düsenjet. Der Stoß ist unter Wasser noch in mehreren Kilometern Entfernung wahrzunehmen. Vor allem die empfindlichen Schweinswale, die ähnlich wie Fledermäuse ein akustisches Bild ihrer Umgebung zur Orientierung nutzen, können schweren Schaden nehmen, aber ebenso Seehunde, Fische und Bewohner des Meeresbodens.
Fast 1200 Windkrafträder wurden allein in der deutschen Nordsee auf diese Art errichtet, doppelt so viele werden noch folgen. Strenge Grenzwerte und verschiedene Maßnahmen – zum Beispiel Blasenschleier, also Schläuche, die rund um den Lärmherd im Wasser Schleier aus Luftblasen produzieren – sollen den Geräuschpegel möglichst gering halten. Doch zu dem Baulärm kommt Krach aus den Schiffsmotoren, die Verlegung von Kabeln auf dem Meeresgrund und das Sonar der Schiffe.
Der Saugeimer-Versuch findet den Beifall der Naturschützer, aber sie äußern auch Kritik: „Das Problem sind die langen Planungszeiten von mehreren Jahren, während derer auch die Fundamente schon bestellt werden“, sagt Kim Cornelius Detloff, Meeresschutz-Experte der Umweltorganisation Nabu. Deshalb werden auch im Windpark „Deutsche Bucht“nur zwei Bonus-Windräder über die eigentliche Genehmigung hinaus mit der neuen Technologie gebaut, die übrigen 31 Anlagen dagegen mit herkömmlicher Technik.