Kritik an Kindergeld für Ausländer
Der deutsche Staat zahlt mehrere Hundert Millionen Euro Kindergeld an Empfänger im Ausland – Tendenz steigend. Dahinter wird zum Teil Missbrauch vermutet.
BERLIN/DÜSSELDORF Die Zahl ausländischer Kindergeldempfänger ist nach Angaben der Bundesregierung stark gestiegen. Die dadurch steigenden Kosten haben den Druck auf eine Änderung der Rechtsgrundlage massiv erhöht. Der Städte- und Gemeindebund sowie Politiker von Union und SPD forderten am Donnerstag schnellstmöglich eine sogenannte Indexierung. Demnach würde das Kindergeld an dem Niveau des Herkunftslandes bemessen, wenn die Kinder dort leben. Derzeit sind das innerhalb der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums 268.336. Die Kosten belaufen sich auf rund 340 Millionen Euro im Jahr. Die Überweisungen sind umstritten, weil die Lebenshaltungskosten in den Herkunftsländern in der Regel geringer sind.
In Deutschland beträgt das Kindergeld für das erste Kind 194 Euro pro Monat, in Rumänien in etwa ein Zehntel davon. 2017 zahlte der Staat Kindergeld für insgesamt 14,9 Millionen Kinder, darunter 2,8 Millionen Kinder von hier lebenden Ausländern. Die Gesamtkosten beliefen sich auf rund 36 Milliarden Euro Kindergeld.Vor allem in Nordrhein-Westfalen wurden Betrugsfälle bekannt. In Wuppertal und Düsseldorf wurden jüngst 100 Verdachtsfälle überprüft und in 40 Fällen fehlerhafte Angaben festgestellt. Der Schaden liegt bei 400.000 Euro.
SPD-Chefin Andrea Nahles will am 27. September mit den Oberbürgermeistern betroffener Städte in Berlin über das Problem des Missbrauchs beraten. NRW-SPDChef Sebastian Hartmann sagte: „Die menschenrechtsfeindliche Politik der Rechtsnationalisten in osteuropäischen EU-Staaten darf nicht dazu führen, dass starke Sozialstaaten und hohe Sozialstandards ausgenutzt werden.“Der Duisburger Oberbürgermeister Sö- ren Link (SPD) sprach von einem „System von Schlepperbanden, die das Ziel haben, Sozialleistungen zu beziehen“. Das Kindergeld sei ein Vehikel, mithilfe falscher Dokumente das Maximum an Leistungen zu bekommen. „Wir beobachten schon seit Jahren einen Verfall in den Straßenzügen, wo die Menschen aus Südosteuropa leben.“Der Vorsitzende des Zentralrats der Sinti und Roma, Romani Rose, warnte vor „rassistischen Stereotypen, um Sündenböcke zu produzieren“.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte, es sei Aufgabe der Bundesregierung, dafür zu sorgen, dass die erforderliche EU-Mehrheit für die Änderung der Rechtsgrundlage geschaffen werde. Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok dämpfte die Erwartungen. Die Bundesregierung benötige für ihr Vorhaben der Indexierung eine Mehrheit im EU-Ministerrat und im EU-Parlament. „Das sehe ich im Moment noch nicht.“
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), bemühte sich um eine Beruhigung der Debatte: „Die meisten ausländischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die in Deutschland leben, arbeiten und zahlen in die Sozialkassen ein.“Sozialmissbrauch müsse aber natürlich bekämpft werden.
Leitartikel, Stimme des Westens