Rheinische Post Langenfeld

Zeltlager überschwem­mt: Monheimer dabei

- VON BERND BUSSANG UND LUDMILLA HAUSER

Das St.-Antonius-Zeltlager in Frankreich wurde evakuiert. Die 80 Kinder sind offenbar wohlauf, haben aber alles verloren. Einer der an die 40 Betreuer wurde am Abend noch vermisst. Leverkusen­er schicken Hilfsgüter zum Lager.

LEVERKUSEN/SAINTJULIE­NDEPEYROLA­S Als Alexandra Messeringe­r (36) am Donnerstag­nachmittag ans Telefon geht, hört sie ihre elfjährige Tochter aus dem Ferienlage­r im südfranzös­ischen Saint Julien de Peyrolas am Fluss Ardeche. Aber ein normaler Anruf ist es nicht. Die kleinere ihrer beiden Töchter in Frankreich ruft aus dem Küchenzelt des Lagers an, das zu dem Zeitpunkt schon unter Wasser steht.

Ein paar Stunden später ist Alexandra Messeringe­r zur Sammelstel­le für Hilfsgüter an der Kneipe „Leos Treff“in Wiesdorf gekommen. Sie hat Schlafsäck­e und Isomatten der Freiwillig­en Feuerwehr dabei. Vor Ort trifft sie auf andere besorgte Eltern und auf weitere Spender, die den rund 80 Kindern und ihren Betreuern im Süden Frankreich­s helfen wollen. Noch am Abend starten zwei Transporte­r mit Hilfsgüter­n in Richtung Frankreich.

Dort hat ein Unwetter den kleinen im Sommer für gewöhnlich ausgetrock­neten Nebenfluss Planjole zum Strom werden lassen, der das Ferienlage­r mit Kindern aus Leverkusen, Monheim, Hilden, Meerbusch, Leichlinge­n und Köln verwüstete. Einer der 30 bis 40 Betreuer wurde am Abend noch vermisst. Der Wohnwagen des 70-Jährigen wurde weggespült.

Alle Kinder seien „soweit wohlauf“und werden in einer Mehrzweckh­alle in der Nähe betreut, auch psychologi­sch. Drei Kinder und fünf Betreuer wurden im Krankenhau­s behandelt, die Kinder seien nur zur Beobachtun­g dort, hieß es vom Veranstalt­er. Das Hochwasser­warnsystem habe funktionie­rt, ein Signalhorn habe die Teilnehmer vor der Gefahr gewarnt. 2006 hatte der Veranstalt­er den Zeltplatz von ei- nem niedriger gelegenen Platz auf einen höheren Bereich verlegt. Seit 61 Jahren gibt es das Ferienlage­r, seit 1984 findet es in Saint Julien statt.

Ein Junge soll nach RP-Informatio­nen noch versucht haben, sein Handy aus einem der Zelte zu holen, währenddes­sen brach das Zelt über ihm aber zusammen. Ein Hilfsversu­ch von zwei Freunden scheiterte, der Junge konnte sich aber selbst retten, hieß es. Auch das Militär war im Einsatz, um nach Koffern und Habseligke­iten der Kinder und Jugendlich­en zu suchen, die nichts bei sich hatten außer dem, was sie am Körper trugen. Ein Auto soll mit Teilnehmer­n gerade zu einem Ausflug unterwegs gewesen sein. Es wurde von einer Wasserwell­e auf die Seite gekippt. Die Insassen hätten sich, wenn auch verletzt, retten können. Die Betreuung der Kinder vor Ort sei sehr gut.

Die Wiesdorfer Gemeinde St. Antonius startet am Abend den Spendenauf­ruf. Auch Bayer 04 bittet die Fans um schnelle Hilfe. Etliche bringen Hilfsgüter zu „Leos Treff“. Auch Oliver Herzog und seine 13-jährige Tochter Leonie bringen zwei Schlafsäck­e. Leonie war selbst bei der ersten Fahrt zu Ferienbegi­nn mit dabei. „Wir hatten nur wenig Regen. Einmal hat es nachts geschüttet, da haben wir die Koffer aufs Bett gestellt und einfach weitergesc­hlafen“, erzählt sie. Leonie macht sich Sorgen um eine Freundin, die derzeit mit im Ferienlage­r ist. „Ich hoffe, dass es ihr gut geht.“Vater Oliver ist als Jugendlich­er vor 31 Jahren mit im St.-Antonius-Zeltlager an der Ardeche gewesen, „Wenn die noch jemanden brauchen, fahre ich auf der Stelle mit“, sagt er. Auch sonst ist die Solidaritä­t unter den Leverkusen­ern riesig. Ständig kommen am Abend neue Helfer mit Ersatzklei­dung, Handtücher­n, Schlafsäck­en. In „Leos Treff“stapeln sich die Hilfsgüter, dass kaum ein Durchkomme­n ist.

Das Busunterne­hmen Hebbel will die Kinder, die eigentlich bis zum Ferienende bleiben sollten, so früh wie möglich holen. Von Samstag ist die Rede. Ob es der Termin sein wird, ist am Abend aber noch unklar.

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FOTO: UWE MISERIUS Zeltlager-Unglück in Frankreich: In Wiesdorf rollte die Welle Hilfsberei­tschaft an der Hilfsgüter-Sammelstel­le an.

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