Schwimmer wollen sich nicht blenden lassen
Die Deutschen schätzen den Aufschwung bei der Europameisterschaft realistisch ein.
GLASGOW (sid) Die Lagenstaffel sorgte für einen bronzenen Abschluss, der neue Hoffnungsträger Florian Wellbrock schwebte „auf Wolke sieben“, im Team gab es einen spürbaren Stimmungsumschwung: Die deutschen Schwimmer haben nach Jahren voller Tiefschläge bei den European Championships in Glasgow wieder Oberwasser bekommen. Die gestiegene Aufmerksamkeit durch das neue Format haben Wellbrock und Co. fast optimal für sich genutzt.
„Das hat ganz gut geklappt“, sagte Bundestrainer Henning Lambertz, der am Donnerstag noch mal über den dritten Platz seines Männer-Quartetts über 4x100 m Lagen jubeln durfte. Mit der Ausbeute von acht Medaillen (zweimal Gold, zweimal Silber, viermal Bronze) und 33 Finaleinzügen wurde die Bilanz der erfolgreichen Heim-EM 2014 mit Paul Biedermann und Marco Koch überboten. Allein viermal Edelmetall ging auf das Konto des Paares Wellbrock und Sarah Köhler.
Am Donnerstag verpassten Johannes Hintze (400 m Lagen), Lisa Graf (200 m Rücken) und Aliena Schmidtke (50 m Schmetterling) jeweils auf Platz vier knapp das Podium. Köhler wurde nach Silber über 1500 m und Bronze in der Staffel über 400 m Freistil Fünfte.
Von seinem beim Dienstantritt 2013 formulierten Ziel, Schwimm-Deutschland wieder zur Nummer eins in Europa machen zu wollen, ist Lambertz aber nach wie vor weit entfernt. Russland, Großbritannien und Italien lagen im Medaillenspiegel deutlich vorne. Da- mit es bei der WM im kommenden Sommer in Südkorea und bei Olympia 2020 in Tokio kein böses Erwachen gibt, warnte Lambertz vor zu großer Euphorie. „Wir müssen realistisch sein, dass viele Zeiten, die hier für ein Finale gereicht haben, aufWeltniveau gegen Amerika, Australien, Japan und China nicht reichen“, sagte Lambertz: „So blind sind wir nicht.“Eine ähnliche Bilanz bei der WM und Olympia zu erwarten, wäre „fatal“.
Wellbrock startet am Samstag noch im Loch Lomond mit seiner Freundin Köhler in der Freiwasser-Staffel über 4x1,25 km. Experten sagen ihm im offenen Gewässer sogar noch größere Olympiachancen voraus.