Gefährliche Annäherung
ANALYSE Die CDU debattiert über ihren Umgang mit der Linkspartei. Die Diskussion ist riskant: Im Westen gibt es für Kooperationen keinerlei Grundlage, im Osten sind sie bisher außer auf Kommunalebene nicht realistisch.
Aus der griechischen Mythologie ist überliefert, dass die Büchse der Pandora alle der Menschheit bis dahin unbekannten Übel enthielt – Laster, Streit und Krankheit. Aus der parteiinternen CDU-Büchse der Pandora hat Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther nun die Idee entweichen lassen, die CDU könne auch mit der Linkspartei kooperieren. „Wenn Wahlergebnisse es nicht hergeben sollten, dass gegen die Linke eine Koalition gebildet wird, muss trotzdem eine handlungsfähige Regierung gebildet werden. Da muss die CDU pragmatisch sein“, sagte Günther im Interview mit unserer Redaktion.
Die Option ist ausgesprochen und wird auch nicht mehr aus der Debatte verschwinden. Im Osten gibt es bereits Kooperationen von CDU und Linken auf kommunaler Ebene. Dort ist die Linke eine Volkspartei. Um alte Menschen kümmert sich die aus DDR-Zeiten erhaltene Hilfsorganisation Volkssolidarität, zu der viele Linken-Politiker Kontakt pflegen. Wo nicht mehr die Linke im Osten als Kümmerer-Partei auftritt, übernimmt vielfach die AfD – in Mecklenburg-Vorpommern mitunter auch die NPD.
Die Linken regieren in Brandenburg und Berlin mit der SPD. In Thüringen stellen sie den Ministerpräsidenten. Dass es nach einer der Landtagswahlen im kommenden Jahr in Sachsen, Thüringen oder Brandenburg zu einer schwarz-dunkelroten Verbindung kommt, ist dennoch kaum vorstellbar. Obwohl die Linken im Osten inhaltlich teilweise als linke SPD wahrgenommen werden, sind die Unterschiede zwischen CDU und Linken zu groß, als dass sie gemeinsam regieren könnten – inhaltlich, ideologisch und menschlich.
Die CDU-Landesverbände in Brandenburg, Sachsen und Thüringen sind alle konservativ. Sie bemühen sich, ähnlich wie die CSU in Bayern, mit ihrer Po- litikWähler der AfD zurückzuholen. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer hält die Debatte um Bündnisse mit den Linken entsprechend für „abseitig“. Thüringens Landeschef Mike Mohring betonte die klare Abgrenzung seiner Partei nach links und nach rechts.
In Sachsen und Thüringen trägt die CDU das Etikett der Volkspartei noch zu Recht. In Umfragen landet sie bei über 30 Prozent. In Brandenburg sieht das anders aus. Dort konkurrieren SPD, CDU, AfD und Linke alle als um die 20 Prozent-Parteien miteinander, wobei die Linkspartei mit unter 20 Prozent die Schwächste unter denVieren ist. Um das einmal festzuhalten: In Brandenburg, wo sich CDU-Landeschef Ingo Senftleben bereits im Frühjahr gesprächsoffen für AfD und Linke zeigte, kämen CDU und Linke gemeinsam gerade einmal auf 40 Prozent. Mit der AfD könnte es eher reichen: Gemeinsam hätten CDU und AfD 45 Prozent. Fraglich wäre auch, ob Senftleben seinen Landesverband überhaupt zu Gesprächen mit der Linken bewegen könnte. Die Brandenburger CDU wurde einst vom konservativen Innenminister Jörg Schönbohm geprägt. Nach dessen Abgang fielen Führungsmitglieder mitVeröffentlichungen in der rechtsgerichteten „Jungen Freiheit“auf.
Die Bundes-CDU grenzt sich von schwarz-dunkelroten Gedankenspielen glasklar ab. Nach CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer bekannte auch Merkel gestern: „Ich befürworte keine Zusammenarbeit mit der Linken-Partei, und das schon seit vielen Jahren.“Die Bundes-CDU muss eine Annäherung an die Linke ablehnen. Zur Identität der CDU imWesten gehört traditionell, dass sie das Gegenbild zum Sozialismus vertritt. Da kann es auch keine Annäherung an die SED-Nachfolgepartei geben, der zu Recht vorgeworfen wird, ihre Vergangenheit nicht aufgearbeitet zu haben. Auch das C im Parteinamen ist eine Hürde für ein Bündnis mit den Linken, die vielfach
„Ich befürworte keine Zusammenarbeit mit
den Linken“
Angela Merkel (CDU)
Bundeskanzlerin