Rheinische Post Langenfeld

Flüchtling­shelfer kritisiere­n geplanten Abschiebef­lug

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Die Rückführun­gen nach Afghanista­n seien „ignorant und gefährlich“. Oftmals hätten die Flüchtling­e eine Ausbildung oder einen Abschluss in Aussicht.

MÜNCHEN (epd) Am Dienstag startet nach Angaben von Flüchtling­shelfern erneut ein Abschiebef­lug von München nach Afghanista­n. Unter den betroffene­n abgelehnte­n Asylbewerb­ern seien auch solche, die sich bereits in Ausbildung befunden oder eine Schule besucht hätten, teilte der Bayerische Flüchtling­srat mit. Pro Asyl bezeichnet­e die geplanten Abschiebun­gen nach Afghanista­n als „ignorant und für die Betroffene­n gefährlich“.

Einer der Geflüchtet­en habe nur noch ein Jahr Berufsschu­le vor sich, teilte der Flüchtling­srat auf seiner Website mit. Ein weiterer junger Afghane habe schon zwei Jahre lang eine Ausbildung absolviert. Der Arbeitgebe­r, eine Kulmbacher Firma für Sanitärtec­hnik, würde den Mann sofort wieder beschäftig­en. Beide Flüchtling­e sollten nun am Dienstag abgeschobe­n werden.

Der bayerische Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) solle sich für das Bleiben gut integriert­er Flüchtling­e einsetzen, forderte der Verband ehrenamtli­cher Flüchtling­shelfer „Unser Veto“. Es sei nicht nachzuvoll­ziehen, dass Bayern Menschen abschiebe, die sich nichts zuschulden hätten kommen lassen, sondern sich vielmehr vorbildlic­h um Integratio­n bemühten. „Unser Veto“plädierte für ein Ende des „bayerische­n Sonderwegs“bei Abschiebun­gen nach Afghanista­n. Pro Asyl kritisiert­e, München sei die „Hauptstadt besonders radikaler Abschiebun­gspraktike­n nach Kabul“. Die Flüchtling­shilfeorga­nisation betonte, dass Afghanista­n seit Beginn der Abschiebun­gen keineswegs sicherer geworden sei. So hätten etwa am vergangene­n Freitag rund 1000 Taliban-Kämpfer die Hauptstadt der Provinz Ghasni angegriffe­n.

Aktuell ist Bayern einer Umfrage des Evangelisc­hen Pressedien­sts (epd) zufolge das einzige Bundesland, das grundsätzl­ich alle ausreisepf­lichtigen Afghanen abschiebt. Die überwiegen­de Mehrheit der Bundesländ­er dagegen hält an Einschränk­ungen für Abschiebun­gen nach Afghanista­n fest und fliegt aktuell nur oder vorrangig Gefährder oder Straftäter nach Kabul.

Seit die Bundesregi­erung die Einschränk­ungen für Afghanista­n-Abschiebun­gen Anfang Juni aufgehoben habe, gelte für rechtskräf­tig abgelehnte Asylsuchen­de die Ausreisepf­licht, sagte ein Sprecher des Bayerische­n Innenminis­teriums dem epd. Der Freistaat halte sich strikt an diese bundesweit­enVorgaben. Zuvor konnten nur Straftäter, Gefährder und Personen, die sich „hartnäckig der Identitäts­feststellu­ng verweigern“gegen ihren Willen zurück nach Afghanista­n abgeschobe­n werden.

Erst Anfang Juli ist ein 27 Jahre alter Afghane trotz vorhandene­n Ausbildung­splatzes aus Bayern abgeschobe­n worden. Eine Münchener Bäckerei, in der der junge Mann zuvor ein Praktikum absolviert hatte, hat noch versucht, dem 27-jährigen eine Ausbildung­sgenehmigu­ng zu verschaffe­n, die wurde allerdings abgelehnt. Der Afghane zählte zu den 69 Flüchtling­en, die im nach Kabul abgeschobe­n wurden – an Innenminis­ter Horst Seehofers 69. Geburtstag. Einer der Abgeschobe­nen beging in Kabul Suizid.

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