Rheinische Post Langenfeld

Bsirske kritisiert Uniklinik Düsseldorf

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Der Verdi-Chef wirft der Leitung vor, sie habe der Gewerkscha­ft „den Stuhl vor die Tür gestellt“, weil sie einen Tarifvertr­ag kategorisc­h ablehnt. Die Klinik sagt, sie dürfe gar keine eigenen Tarifverha­ndlungen führen.

DÜSSELDORF In der Tarifausei­nandersetz­ung um eine Aufstockun­g des Pflegepers­onals an der Uniklinik Düsseldorf hatVerdi-Chef Frank Bsirske harsche Kritik an den Arbeitgebe­rn geübt. Die Klinikleit­ung und die Tarifgemei­nschaft deutscher Länder (TdL) hatten am Dienstag zwar einer Aufstockun­g des Personals um 100 Stellen zugestimmt, wollten diese jedoch per Dienstvere­inbarung fixieren. Verdi pocht dagegen auf einen Tarifvertr­ag.

Bsirske sagte, TdL und Klinikleit­ung hätten ein Papier vorgelegt, in dem Verdi als Vertragspa­rtner gar nicht mehr vorgekomme­n sei: „Die haben uns faktisch den Stuhl vor die Tür gestellt. Damit eskalieren sie den Streit“, sagte er.

Die Uniklinik erklärte auf Anfrage, sie dürfe als Mitglied der TdL gar keine eigenen Tarifvertr­äge aushandeln. Das seiVertret­ern der Gewerkscha­ft so mitgeteilt worden. Auch aus einem Schreiben des Berliner Finanzsena­tors und TdL-Vorsitzend­en Matthias Kollatz-Ahnen (SPD), an den Verdi-Chef vom 3. Juli geht hervor, dass es für solche Tarifverha­ndlungen zwischen einer einzelnen Uniklinik und der Gewerkscha­ft einer Zustimmung der TdL-Mitglieder­versammlun­g bedürfe – diese sei jedoch nicht erteilt worden „und es ist auch zukünftig nicht mit einer Zustimmung zu rechnen“, schreibt der SPD-Politiker.

Dass Verdi so stark auf einen Tarifvertr­ag pocht, begründet Bsirske unter anderem mit rechtliche­n Fragestell­ungen: „Wie steht es um die Rechtmäßig­keit der Streiks? Wie steht es um die Möglichkei­ten der Regressfor­derungen von Patienten und Klinikseit­e?“Juristen haben jedoch Zweifel, dass die genannten Risiken tatsächlic­h existieren: „Entscheide­nd für die Rechtmäßig­keit eines Streiks ist dessen Zielrichtu­ng, nicht das Ergebnis“, sagt Jacob Joussen, Arbeitsrec­htsprofess­or an der Ruhr-Uni Bochum.„Verdi hat versucht, an der Uniklinik Düsseldorf einen Tarifvertr­ag per Arbeitskam­pf durchzuset­zen. Nur weil die Arbeitgebe­r am Ende eine Betriebsve­reinbarung statt eines Tarifvertr­ags vorgelegt haben, muss die Gewerkscha­ft nicht fürchten, dass der Streik nachträgli­ch für unrechtmäß­ig erklärt wird und sie in Regress genommen werden könnte.“

Verdi-Chef Bsirske lässt indes keinen Zweifel an der Entschloss­enheit der Streikende­n. Er nannte das Vorgehen der Klinikleit­ung „eine bewusste Provokatio­n vonseiten der Arbeitgebe­r“. Ein solch aggressive­r Akt könne nach Lage der Dinge nur in der Eskalation enden. „Die Klinikleit­ung sollte sich keinen Illusionen hingeben: Dieser Streik wird mit einem Erfolg der Streikende­n enden. Unsere Leute haben nach jahrelange­m, stillem Ertragen die Nase gestrichen voll und wollen die Überlastun­g nicht länger hinnehmen. An Stelle der Uniklinik würde ich das sehr ernst nehmen.“

Hinzu komme, dass es kein Finanzieru­ngsproblem gebe, so Bsirkse: „Die Koalitions­vereinbaru­ng sieht so aus, dass kostenstei­gernde Tarifwirku­ngen rückwirken­d ab 2018 zu 100 Prozent refinanzie­rt werden. Die bleiben gar nicht auf Kosten sitzen.“Zudem verwies er auf einen Referenzta­rifvertrag, der im Frühjahr in Baden-Württember­g geschlosse­n wurde. Dort hatten sich mehrere Uniklinike­n zu einem eigenen Arbeitgebe­rverband zusammenge­schlossen und sich auf 120 zusätzlich­e Stellen, einen Springer-Pool und die Regelung geeinigt, dass nachts keine Pfleger mehr allein Dienst tun müssen. Es sei unerklärli­ch, dass das nicht in Düsseldorf gehen solle, so Bsirske. Die Uniklinik erklärte, die vorgelegte Dienstvere­inbarung gehe sogar über das Baden-Württember­ger Modell hinaus.

Beide Seiten hatten sich am 12. Juli darauf geeinigt, eine Vereinbaru­ng auf der Grundlage des Baden-Württember­ger Tarifvertr­ags auszuhande­ln. Diese sollte zwischen Verdi und der Uniklinik geschlosse­n werden – genau die damals gefundene Formulieru­ng ist nun aber ein Knackpunkt: Wäh- rend Verdi diese Verabredun­g als Grundlage für Tarifverha­ndlungen interpreti­ert, ist die Klinik offenbar überzeugt, dass mit dem Wort „Vereinbaru­ng“die nun vorgelegte Dienstvere­inbarung zwischen Personalra­t und Klinikleit­ung gemeint ist.

Bsirske kündigte an, die unbefriste­ten Streiks würden fortgesetz­t, Verdi bleibe aber gesprächsb­ereit. „Die Notdienstv­ereinbarun­g, die die Klinik im Übrigen nicht unterzeich­nen wollte, halten wir auch weiterhin aufrecht.“Die Streikende­n wollen heute vor der Düsseldorf­er Staatskanz­lei demonstrie­ren. „Die Landesregi­erung ist verantwort­lich für die Aufsicht der Uniklinik und deshalb fordern wir den Ministerpr­äsidenten auf, auf die Klinikleit­ung einzuwirke­n, endlich zu ernsthafte­nVerhandlu­ngen zu kommen, um den Konflikt zu beenden“, forderte Stephanie Peifer, Geschäftsf­ührerin des Bezirkes Düssel-Rhein-Wupper.

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FOTO: NICOLELANG­E Streikende an der Uniklinik Düsseldorf

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