Eine Stadt blüht auf
Noch vor wenigen Jahren lag der Einzelhandel in Wassenberg im Kreis Heinsberg am Boden. Seit 2015 haben sich jedoch rund 20 neue Geschäfte angesiedelt. Gründe dafür sind ein gutes Konzept und der Wille zur Veränderung.
WASSENBERG Einmal im eigenen Laden stehen, das war schon immer der Traum von Kirstin Hanke-Busscher. Dass dieser Traum ausgerechnet inWassenberg wahr werden würde, stand allerdings nicht auf ihrer Agenda.„Aber die Stadt hat mich dermaßen bei meiner Geschäftsgründung unterstützt, dass ich es jederzeit wieder machen würde“, sagt die 45-Jährige. Seit Dezember 2016 ist ihr kleiner Kunsthandwerk-Laden „Die Frauen Gedönsrad“geöffnet. Und brummt. Wie viele andere neue Geschäfte und Restaurants in dem 18.000-Einwohner-Ort. „Hier ist jeden Tag etwas los“, sagt Hanke-Busscher. „Es lohnt sich, nach Wassenberg zu kommen.“
Vor fünf Jahren hätten diesen Satz wohl nur wenige Ortsansässige unterschrieben. „Die Innenstadt war mausetot“, sagt Marketingexperte Harald Ross, der als Honorarprofessor in Mönchengladbach und Köln lehrt. Leerstände bestimmten das Bild, Besucher von auswärts ließen sich nur selten blicken. Trotz pitto-
„Eine Stadt versucht aus dem, was nicht da ist, etwas zu machen – das
ist doch toll“
Klaus Noack
Galerie-Besitzer
resker Kulisse. Wassenberg für Gäste sozusagen wieder zurück auf die Landkarte zu bringen, hätten viele Berater für unlösbar gehalten, erzählt Ross. Unterstützt von Bürgermeister Manfred Winkens entwickelte Ross jedoch Anfang 2015 einen Plan, Wassenberg neu zu beleben. Seither haben sich 15 bis 20 neue Geschäfte und Lokale angesiedelt, und jeden Tag werden Touristen durch die City geführt – während die Innenstädte etlicher anderer Orte veröden. Was hat Wassenberg anders gemacht?
Auf große Marken zu warten, sei der falsche Weg, sagt Ross. „Man darf eine Stadt nicht von außen beleben, sondern das muss von innen geschehen.“So wurde das Angebot umliegender Städte analysiert: Heinsberg, Erkelenz, Hückelhoven. Mit dem Ziel, eine konzeptionelle Nische zu finden. „Was die anderen haben, muss Wassenberg nicht bieten“, sagt Ross. Bürgermeister Winkens formuliert es noch drastischer. „Wassenberg darf keine Einkaufsstadt werden“, sagt er mit Blick auf die Nachbarorte, die in der Hinsicht alles abdecken. Auch das Outlet-Konzept von Bad Münstereifel hält Winkens für nicht übertragbar auf seine Gemeinde.