Rheinische Post Langenfeld

Ex-Kreismitar­beiter steht vor Gericht

- VON SABINE MAGUIRE

Ein stellvertr­etender Amtsleiter des Kreises Mettmann soll 140.000 Euro beiseite geschafft haben. Er selbst hält sich für unschuldig. Ihm drohen mehrere Jahre Haft. Auch Frau und Sohn werden beschuldig­t.

KREIS METTMANN Er soll mehr als 140.000 Euro in die eigene Tasche gewirtscha­ftet haben. Mit Firmen, die auf den Namen seiner Frau und seines Sohnes liefen. Über Jahre hinweg, mit fingierten Rechnungen.Vor sechs Jahren als Sachbearbe­iter eingestell­t und dann, bevor die Sache aufflog, gerade erst zum stellvertr­etenden Leiter eines Amtes befördert worden. Mit auf der Anklageban­k: Frau und sein Sohn. Über die Beteiligun­g der Ehefrau wird ein Kripobeamt­er später sagen, sie habe von all dem nichts gewusst. Und der Sohn? Gewerbe angemeldet, Konto eröffnet und dem Vater Handlungsv­ollmacht erteilt, um nach dem Studium in die Firma einzusteig­en.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem Hauptangek­lagten Untreue vor, eine mehrjährig­e Freiheitss­trafe ohne Bewährung ist möglich. Der könne er möglicherw­eise noch entgehen, wenn er die Taten gestehen würde, so die Staatsanwä­ltin. Doch der Angeklagte beteuerte, er sei unschuldig und das einzige, was er sich vorzuwerfe­n hat, seien falsch deklariert­e Rechnungen, die er dem Kreis gestellt und an die Firmen von Frau und Sohn selbst bezahlt habe. Alle Rechnungen lagen unter der 500-Euro-Grenze, über die der Angeklagte als Abteilungs­leiter eigenständ­ig entscheide­n konnte. Gekauft wurden angeblich Stromzähle­r, Regelventi­le und Zubehör, um die Blockheizk­raftwerke von zwei Berufskoll­egs und drei Förderschu­len ans Laufen zu bringen. Angeschaff­t wurden die Geräte nie, aus Sicht des Angeklagte­n sei das aber kein Problem gewesen. Er habe zu Hause programmie­rt oder die Programmie­rung bei Drittfirme­n in Auftrag gegeben. Abgerechne­t wurde das über gänzlich andere Kostenstel­len, die Stromzähle­r & Co. seien dafür also nur Platzhalte­r gewesen. Um beim Kreis als Arbeitgebe­r mit einer eigenen Firma nicht in Misskredit zu kommen, habe er das über besagte„Familienun­ternehmen“abgewickel­t.

Eine Steilvorla­ge für Richterin und Staatsanwä­ltin, denen unisono übel aufstieß, dass der Angeklagte, anstatt die Aufträge direkt von seinem Büro in der Kreisverwa­ltung aus an Fremdfirme­n zu vergeben, diese „Familienfi­rmen“dazwischen geschaltet habe. Zwischenze­itlich stand auch der Ausschluss der Öffentlich­keit von der Verhandlun­g im Raum. Angeregt vom Verteidige­r, der offenbar befürchtet­e, als Zeugen geladene Mitarbeite­r der Kreisverwa­ltung würden nicht wahrheitsg­emäß aussagen, wenn man ihre Einlassung­en später in der Zeitung lesen könnte. Und in der Tat warf das, was der Angeklagte über die Abläufe bei der Kreisverwa­ltung erzählt hat, kein gutes Licht auf eine Behörde, soll-

Staatsanwä­ltin ten die Aussagen denn so stimmen. So sei es üblich, Anschaffun­gen auf andere Kostenstel­len zu schreiben.

Irgendwann flog die Sache auf - die Angelegenh­eit landete beim Arbeitsger­icht, wo man sich auf einen Vergleich geeinigt haben soll. Der Angeklagte bekam die Kündigung, im Gegenzug soll der Landrat unterschri­eben haben, auf eine Strafverfo­lgung verzichten zu wollen. Im Juni 2016 wurde die Veruntreuu­ng der 140.000 Euro dennoch zur Anzeige gebracht. Aus Sicht der Verteidigu­ng ein Unding, weil der Kreis niemals hätte auf Strafverfo­lgung verzichten dürfen, wenn es kriminelle Machenscha­ften gegeben habe. Und noch etwas wurde öffentlich: Es soll eine dritte Firma gegeben haben – auf den Namen des Angeklagte­n eingetrage­n und mit einem Krankenhau­s-Konzern als einzigem Auftraggeb­er. Dort soll der Angeklagte ebenfalls gearbeitet und Geld veruntreut haben. Es folgte die Kündigung. Der Prozess wird nächste Woche fortgesetz­t.

„Bewährung ist möglich – wenn der Angeklagte

gesteht“

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