Eine Plauderei mit Karl Marx bei uraltem „Rheingeist“-Likör
Auf seiner Sommerreise war der berühmte Denker auch zu Besuch in Düsseldorf – als Puppe.
DÜSSELDORF Karl Marx kommt im Mietwagen, mit zwei Assistentinnen, die ihm die großen braunen Reisekoffer tragen. Täuschend echt sieht er aus, dabei ist er eine lebensgroße Puppe, sitzt auf einem Stuhl an einem abgenutzten Schreibtisch, einen roten Teppich zu Füßen. Ich setzte mich ihm gegenüber. In der Hand hält Marx ein edles Glas, daneben steht eine Fla- sche„Rheingeist“-Likör aus dem 19. Jahrhundert. Alles historisch, selbstverständlich. Karl Marx ist auf Sommerreise, vor seinem Halt auf dem Heinrich-Heine-Platz in Düsseldorf war er schon in Mainz, Frankfurt, Koblenz und Bonn. Eine Aktion zur Trierer Ausstellung zum 200. Geburtstag des Philosophen.
Kaum sitzt er, lockt er auch schon Passanten an. Ein Mann lässt sich mit ihm fotografieren. Zwei Kinder ziehen an seinem Bart. Eine ältere Frau fragt mich: „Atmet der denn?“Aber Marx ist eine Nachbildung, ich muss sie enttäuschen. Als Puppe macht ihm der ganze Wirbel nichts, stoisch schreibt er an seinem Kommunistischen Manifest – oder tut zumindest so.
Während seiner Reise hat Marx viel erlebt und Menschen jeden Alters, von Studenten bis Rentnern, getroffen. Manche waren große Fans, andere reagierten auf ihn eher sensibel und verwiesen unter anderem auf die kommunistische SED-Diktatur in der DDR. Aber die sei bei seiner Reise nicht zentral, erklärt mir Marx mithilfe seiner Assistentin, sondern es gehe darum, ihn als Person und Denker kennenzulernen – mit allen seinen Seiten.
Marx ist ein guter Zuhörer und verzieht kaum eine Miene. Ein wenig grimmig guckt er, aber bei Sonnenschein hellt sich sein Gesicht doch ein bisschen auf. Die Reise hat ihm Spaß gemacht, in Frankfurt durfte er sogar auf den Schultern seiner Assistentinnen durch die Stadt reiten. Vor der Europäischen Zentralbank hat er sich dann fotografieren lassen, die EZB hat ihn regelrecht mitgenommen, und er musste sich erstmal sammeln.
In Düsseldorf gefällt es Marx besser. Mit Heine war er ja nicht nur verwandt, sondern auch befreundet. Freunde hat er hier auch heute noch: Eine Frau gibt ihm einen Luftkuss, und Marx blickt in die Kamera.