Politik in der neuen Unordnung
Der Abstieg der USA als Führungsnation erfordert eine veränderte Außenpolitik.
Carlo Masala, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr, konstatiert eine „Weltunordnung“mit „globalen Krisen“aufgrund des „Versagens des Westens“. DerVersuch, die Welt zu verwestlichen, ist gescheitert. Ausgang einer so gescheiterten Ordnung war nach der Implosion der Sowjetunion die Vorstellung, der Westen und vor allem die USA, seine unipolare Führungsmacht, könnten die Welt nach ihren Vorstellungen ordnen.
Tatsächlich aber gab es das Bestreben, nach maximaler Sicherheit und maximalem Wohlstand für die USA und ihre Verbündeten. Es entstand ein „liberaler Imperialismus“, in Europa in weicher Form, in den USA in harter. Dort sahen Neokonservative wie Liberale, etwa Außenministerin Hillary Clinton, den Einsatz militärischer Gewalt als legitimes Instrument an. Aber die „Illusionen des Westens“scheiterten: die der Demokratisierung wurde ge- genüber stärkeren Staaten, China, auch Saudi Arabien, gar nicht erst versucht; die der militärischen Interventionen waren erfolglos, in Afghanistan, im Irak in Lybien.
Die Initiativen schlugen aus mehreren Gründen fehl; die der Institutionalisierung globaler Politik scheiterte an der fehlenden Bereitschaft großer Mächte; die der Verrechtlichung wurde schon nicht möglich, da die USA sich ihr entziehen. Der rhetorische Verweis auf die Vorteilhaftigkeit amerikanischer Führung „diente lediglich dazu, die eigentlichen Intentionen ihres Handelns zu kaschieren“.
Eine solche Kaschierung lässt sich dem inzwischen gewählten Präsidenten Trump kaum vorwerfen, eher ist ihm Ehrlichkeit bezüglich wie auch immer begründbarer US-amerikanischer Interessen zuzusprechen. Das kann das Ende des amerikanischen Jahrhunderts beschleunigen. Mehre aufstrebende Mächte, zunächst China und Russland, dann auch Indien, die EU oder Japan, agieren in der Welt-(Un)ord- nung, auch wenn sie die militärische Überlegenheit der USA bei weitem nicht erreichen.
Fehlende internationale Ordnung bedeutet nicht notwendigerweise Chaos, nur Unberechenbarkeit und Nichtplanbarkeit. Es stellen sich neue Herausforderungen wie Staatsverfall, Re-nationalisierung, Migration, Digitalisierung. In der internationalen Politik sind dazu zwischen „willigen und fähigen“Mächten Ad-hoc-Koalitionen erforderlich, wobei „kluge Politik auch mit Diktatoren verhandeln“muss. Man kann dieWelt nicht mehr in die „Kategorien von Gut und Böse“einteilen. Das empfiehlt Masala auch für die deutsche Außenpolitik.