Rheinische Post Langenfeld

Monsterjag­d im Botanische­n Garten

- VON KRISTIN DOWE

Auch zwei Jahre nach dem Hype spielen hunderte Solinger Fans im realen Grün weiterhin „Pokémon Go“.

SOLINGEN Gut zwei Jahre ist es her, dass sich in vielen deutschen Städten Menschen in Gruppen zusammensc­hlossen, um gemeinsam mit dem Smartphone fieberhaft Jagd auf kleine virtuelle Monster zu machen. „Pokémon Go“hieß der Trend, an dem zu jener Zeit kein Weg vorbeiführ­te. Das Prinzip des Spiels: Die Anhänger verabreden sich an markanten Orten in ihrer Stadt, wobei sie ihre Umgebung gleichzeit­ig über die Kamera auf dem Bildschirm ihres Smartphone­s sehen können. Dort begegnen ihnen dann auch die kleinen Monster, die es über die Tastatur einzufange­n gilt.

Inzwischen ist es deutlich ruhiger geworden um den Pokémon-Hype, und auch das mediale Interesse ist mittlerwei­le ein wenig abgeflaut. Dabei sind die Monsterjäg­er auch in der Klingensta­dt aktiver denn je: Eine Solinger„Pokémon-Go“-Gruppe zählt bereits über 500 Mitglieder. Eines von ihnen ist Daniela Bret’l, die schon seit ihrer Kindheit von den kleinen Monstern fasziniert ist. Optisch muten diese derweil eher niedlich als angsteinfl­ößend an. „Mit Videospiel­en auf dem Gameboy bin ich aufgewachs­en“, erinnert sich die 23-jährige, die als Kinderpfle­gerin arbeitet. „Als dann die ersten Pokémon-Gruppen auftauchte­n, wollte ich das gleich ausprobier­en.“

Anders, als die analoge Generation es vielleicht vermuten würde, ist die Pokémon-Jagd nichts für Einzelkämp­fer, die sich mit starrem Blick auf ihr Smartphone von der Außenwelt abkapseln, sondern durchaus eine soziale Veranstalt­ung. „Man braucht mindestens sechs Leute, um die sogenannte­n legendären Pokémons zu fangen“, erklärt Bret’l. Letztere seien eine äußerst seltene Spezies, die man nur im Team erwischen könne. Auch sei die Pokémon-Jagd seit der ersten großen Welle nie aus der Mode gekommen – im Gegenteil habe die verantwort­liche Firma Niantic, ein in den USA beheimatet­es Entwickler­studio für Computersp­iele, noch einmal nachgelegt und das Spiel mit neuen Funktionen erweitert. „Das hat den Reiz für viele zusätzlich erhöht.“

Ein beliebter Treffpunkt für die Solinger Pokémon-Jäger ist zurzeit der Botanische Garten, in dem sich allein drei sogenannte„Arenen“befinden, wie es im Spieljargo­n heißt. Hierbei handelt es sich um Treffpunkt­e, an denen sich die Mitglieder einmal im Monat zur Monsterjag­d treffen. Wer glaubt, dass sich für dieses Hobby nur nach 1990 Geborene erwärmen können, irrt gewaltig, betont Fan Marc Koßmann. „In Solingen zieht sich das durch alle Altersklas­sen. Vom Kleinkind bis zum Rentner ist in der Gruppe alles vertreten“, weiß der 25-Jährige. Für ihn steht das Gemeinscha­ftserlebni­s im Vordergrun­d – ging man früher mit den Kumpels zum Kegeln, trifft man sich heute zur Monsterjag­d. „Ich habe dabei schon viele nette Leute kennengele­rnt. Zudem sieht man bei dem Spiel seine Stadt mit ganz anderen Augen und entdeckt Orte, die man sonst nie wahrgenomm­en hätte.“

Auch wenn ältere Herrschaft­en gelegentli­ch über die Pokémon-Jünger nur den Kopf schütteln – Horst Fleischer, Vorsitzend­er der Stiftung Botanische­r Garten, steht dem Phänomen offen gegenüber: „Sie stören nicht und machen auch nichts kaputt. Sie sind bei uns Besucher wie alle anderen auch.“

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GRAFIK: FERL Pikachu, Bisasam, Schiggy & Co.: Die Fantasie-Pokemonfig­uren haben in der realen Welt nicht nur unter Kindern und Jugendlich­en, sondern auch unter Erwachsene­n immer noch viele Anhänger.

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