Landesweit große Lücken bei Kinderbetreuung
Zu wenige Plätze in Grundschulen, zu wenige Erzieher in Kitas – NRW will die Qualität verbessern.
DÜSSELDORF (kib/ham) Bei der Betreuung von Kindern in Kitas und Grundschulen gibt es in NRW große Defizite. Nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) werden nur 44,1 Prozent der Grundschüler im Ganztag betreut. NRW liegt damit beim Ganztagsangebot bundesweit an siebter Stelle. Spitzenreiter ist Hamburg mit 98,2 Prozent, gefolgt von Thüringen mit 89 Prozent. Schlusslicht ist Baden-Württemberg mit 16,7 Prozent.
Gleichzeitig waren 2016 aber bundesweit 74 Prozent der Mütter erwerbstätig, also potenziell auf einen Platz angewiesen. Tatsächlich steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Mütter von Erstklässlern arbeiten, laut IW deutlich, wenn sie auf einen Betreuungsplatz zurückgreifen können: Waren sie vor dem Schuleintritt nicht berufstätig, steigt die Erwerbswahrscheinlichkeit damit sogar um elf Prozentpunkte. Die Studie unterstreicht den engen Zusammenhang zwischen ausreichenden Betreuungsmöglichkeiten und der Berufstätigkeit von Müttern. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hatte vor Kurzem ermittelt, dass Frauen in Deutschland so wenig zum Haushaltseinkommen beitragen wie in keinem anderen der 30 untersuchten Länder. Gleichzeitig sind sie deutlich häufiger von Altersarmut betroffen als Männer.
NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) betonte, dass die Landesregierung einen Schwerpunkt auf die Qualität und den Ausbau des offenen Ganztags lege. Zum neuen Schuljahr seien alle Plätze genehmigt worden, die die Kommunen beantragt hätten, hieß es im Ministerium. Insgesamt gebe es 8000 zusätzliche Plätze. So könnten 315.600 Kinder und damit mehr als 48 Prozent betreut werden. Die Kommunen hätten bisher aber nur 308.505 Plätze abgerufen. Häufig herrsche an den Schulen Raum- oder Personalmangel, hieß es dazu bei den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege.
Auch in den Kitas in NRW besteht Nachholbedarf. Zwar gibt es bei den Drei- bis Sechsjährigen einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge Fortschritte. In den Krippen für Unter-Dreijährige tritt NRW aber auf der Stelle. Eine Erzieherin betreute zum Stichtag 1. März 2017 demnach rechnerisch 8,9 Kinder über drei Jahren – 2012 waren es noch 9,8. Die beste Relation hat Baden-Württemberg mit 7,1 Kindern pro Person.
In den Krippen für Unter-Dreijährige blieb der Personalschlüssel dagegen unverändert bei eins zu 3,7 Kindern. Innerhalb von NRW gibt es aber große Unterschiede. So muss eine Erzieherin im Kreis Coesfeld zwei Kinder mehr betreuen (10,2) als beispielsweise in Düsseldorf (8,1). Nach Empfehlungen der Bertelsmann-Stiftung sollten es aber nicht mehr als 7,5 Kinder sein. Für einen optimalen Personalschlüssel seien zusätzlich 15.536 vollzeitbeschäftigte Fachkräfte und weitere 706 Millionen Euro pro Jahr erforderlich.