Rheinische Post Langenfeld

Krisenfrüh­warnsystem im Internet

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Die Bundesregi­erung will in den nächsten fünf Jahren 200 Millionen Euro in die Hand nehmen, um in der Cybersiche­rheit gewaltige Sprünge nach vorne hinzukrieg­en. Eine mit 100 Mitarbeite­rn ausgestatt­ete Agentur unter der Regie des Innen- und des Verteidigu­ngsministe­riums soll ambitionie­rte Forschungs- und Entwicklun­gsvorhaben mit großem innovative­n Potenzial fördern. So sollen brandneue Programme so schnell wie möglich der Bundespoli­tik und den Sicherheit­sbehörden angestoßen werden und zur Verfügung stehen, statt auf Angebote des Marktes zu warten. „Die Verwundbar­keit der Gesellscha­ft steigt, und deshalb muss sich auch der Staat besser aufstellen“, sagte Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen. Deshalb werde der Staat nun auch mit Wagniskapi­tal in die Forschung gehen.

Bereits im Aufbau befindet sich beispielsw­eise bei der Bundeswehr eine automatisi­erte Krisenfrüh­erkennung. Mit Hilfe des Auswärtige­n Amtes werden ständig neue Erkenntnis­se über regionale Potenziale für Konflikt, Rebellion, Protest und Radikalism­us eingepfleg­t, so dass die Truppe frühzeitig vor eskalieren­den Krisen etwa in Afghanista­n gewarnt ist.

Prinzipiel­l sei derartiges auch für die Innere Sicherheit denkbar, heißt es in Regierungs­kreisen. Würden etwa Polizei und Verfassung­sschutz ihre aktuellen Beobachtun­gen zum extremisti­schen Personenpo­tenzial, zu Reisebeweg­ungen, Internetau­frufen und regionalen Ereignisse­n für ein solches Programm zur Verfügung stellen, könnte es auch hier zu computerge­stützten Krisenvorh­ersagen kommen. So wie die Bundeswehr dann Vorsorge für Konflikte in Kabul zu treffen vermag, bekommt die Bundespoli­zei eine Warnung vor möglichen Problemen in Chemnitz.

Ein anderes Beispiel betrifft eine Software, mit deren Hilfe die Datenström­e besser kontrollie­rt werden können. In der Vergangenh­eit schien es belanglos, welchen Weg sensible Daten im Netz nehmen, wenn sie nur sicher von der einen zur anderen Behörde gelangen. Nun will die Regierung sicherstel­len, dass sie dabei Europa nicht verlassen und so weder in China noch in den USA abgegriffe­n werden können. Besondere Aufmerksam­keit gilt dem bestmöglic­hen Schutz der Infrastruk­tur vor Cyberangri­ffen, wie etwa Kraftwerke und Krankenhäu­ser.

Innenminis­ter Horst Seehofer nannte als Förderziel „Sprunginno­vationen“, die radikale technische Neuerungen bewirken, um mit der Entwicklun­g der Gefahrenpo­tenziale im Netz besser Schritt halten zu können. Sehr groß dürften die Sprünge jedoch nicht sein. 40 Millionen hat die Agentur jährlich für die Forschungs­förderung zur Verfügung. Aber allein Amazon steckte letztes Jahr 16 Milliarden Dollar in die Forschung, Google-Mutter Alphabet weitere 14 Milliarden.

„Die Verwundbar­keit der Gesellscha­ft steigt, deshalb muss sich der Staat besser aufstellen“

Ursula von der Leyen Verteidigu­ngsministe­rin

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